Resveratrol ist ein fettlösliches Polyphenol, das in geringen Mengen in verschiedenen, meist biologisch angebauten Pflanzenarten vorkommt. Pflanzen produzieren Resveratrol als natürlichen Abwehrmechanismus gegen Stressoren wie Pilze, Viren, Bakterien, Insekten, UV-Strahlung und Schädigungen. Resveratrol hat antioxidative, entzündungshemmende, antivirale, antibakterielle und neuroprotektive (das Nervengewebe schützende) Eigenschaften und trägt zu einem langen und gesunden Leben bei. Die gesundheitsfördernden Effekte von Resveratrol werden von vielen Studien bestätigt. Es bietet unter anderem Schutz vor Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Typ-2-Diabetes, Adipositas und Alterungsprozessen.
Resveratrol ist in geringen Mengen in roten Trauben, Äpfeln, Johannisbeeren, Pflaumen, Rotwein, Tomaten, Erdnüssen, Nüssen, Kakao und Soja enthalten. Die Menge an Resveratrol, die über die Nahrung aufgenommen wird, beträgt schätzungsweise nur 0,002-0,005 mg/kg/Tag. Die Supplementierung mit Resveratrol ist daher eine wichtige Bereicherung der Ernährung. Von dem mit der Nahrung und Nahrungsergänzungsmitteln aufgenommenen Resveratrol werden nicht weniger als 70-90% im Darm absorbiert. Die schnelle Umwandlung durch die Darmflora und in der Darmwand und Leber hat jedoch eine geringe Bioverfügbarkeit von (freiem) Resveratrol zur Folge. Doch auch Metaboliten (Stoffwechselprodukte) von Resveratrol tragen zu den gesundheitlichen Effekten bei. Darüber hinaus vermuten Forscher, dass sich Resveratrol, insbesondere bei langfristiger Einnahme, in Geweben und Organen anreichert und somit in größeren Mengen verfügbar ist als bisher angenommen. Dies erklärt vielleicht, weshalb Resveratrol in wissenschaftlichen Studien trotz einer vermeintlich geringen Bioverfügbarkeit so wirksam erscheint.
Resveratrol ist – zusammen mit Quercetin – eines der am besten untersuchten Polyphenole. Eine sehr wichtige Funktion von Resveratrol ist die eines Antioxidans und Fängers freier Radikale. Freie Radikale sind eine maßgebliche Ursache für das Altern und die Entstehung von (chronischen) Krankheiten wie Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebs und neurodegenerativen Erkrankungen. Neben seiner antioxidativen Wirkung stimuliert Resveratrol auch das körpereigene antioxidative System.
Resveratrol hat entzündungshemmende Eigenschaften. Es reduziert die Bildung entzündungsfördernder Substanzen im Körper und erhöht die Produktion entzündungshemmender Stoffe. So wirkt es akuten Entzündungen entgegen, aber auch der chronischen Low-Grade-Entzündung, einer milden Entzündung, die im Blut kaum nachweisbar ist, das Immunsystem aber ständig ein wenig beschäftigt. Seit einiger Zeit wird ein Zusammenhang zwischen chronischen, niedriggradigen Entzündungen und vagen Beschwerden wie Müdigkeit, Abnehmschwierigkeiten und Schlafproblemen, aber auch mit ernsthaften Erkrankungen wie Alzheimer, Krebs und Herzinfarkt gesehen.
Resveratrol hat auch antiallergische Eigenschaften; es stellt das Gleichgewicht im Immunsystem wieder her und hemmt die Freisetzung von Substanzen, die an allergischen Reaktionen beteiligt sind wie Immunglobulin E und Histamin. Teils durch die gleichen Mechanismen senkt Resveratrol das Risiko einer Autoimmunität (ein Zustand, bei dem sich das körpereigene Immunsystem gegen die eigenen gesunden Zellen richtet). Es verhindert auch die Bildung von Narbengewebe (Fibrosierung, krankhafte Vermehrung des Bindegewebes), die oft nach einer Entzündungsreaktion auftritt. Die Fibrosierung hat einen negativen Einfluss auf die Funktion von Geweben und Organen. Dazu kann eine Abnahme der Elastizität der Blutgefäße gehören, die zu Bluthochdruck führt, oder die Bildung von Bindegewebe in der Leber (Leberzirrhose), der Lunge (Lungenfibrose) oder im Herzen.
Die antimikrobielle Aktivität von Resveratrol wurde gegen verschiedene Bakterien, Pilze und Viren, einschließlich humaner Coronaviren, nachgewiesen. Darüber hinaus hat es in hohen Dosen analgetische Effekte bei verschiedenen Arten von Schmerzen: Entzündungsschmerzen, Nervenschmerzen, Rückenschmerzen durch Bandscheibenverschleiß, Fibromyalgie (unerklärliche chronische Schmerzen begleitet von Steifheit und Müdigkeit) und Muskelschmerzen nach intensivem Krafttraining.
Resveratrol hemmt die Bildung von AGEs (advanced glycation end products). Das sind Proteine oder Fette, die durch die Anbindung von Zuckern irreparabel geschädigt werden und in hohen Konzentrationen für den Körper schädlich sind. AGEs tragen wesentlich zur Zell- und Gewebealterung sowie zum Auftreten und Fortschreiten von unter anderem Diabetes, Fettleibigkeit, koronarer Herzkrankheit, chronischen Leber- und Nierenerkrankungen und Autoimmunerkrankungen bei. Außer dass es die Bildung von AGEs hemmt, schützt Resveratrol Zellen und Gewebe auch vor Schäden, die durch AGEs verursacht werden. Die antioxidative Kapazität von Resveratrol und seine Fähigkeit, die Stoffwechsel-, Reparatur- und Abbauprozesse des Körpers zu verbessern, tragen ebenfalls dazu bei, der Alterung entgegenzuwirken.
Resveratrol verbessert die Verformbarkeit der roten Blutkörperchen und reduziert die Aggregation von Blutplättchen und roten Blutkörperchen, wodurch der Blutfluss insbesondere in den kleinen Kapillaren verbessert wird. Das Herz und das Gehirn werden dadurch mit mehr Sauerstoff und Nährstoffen versorgt. Dies hat in Kombination mit den neuroprotektiven Eigenschaften von Resveratrol einen positiven Einfluss auf die Gehirnfunktionen.
Eine der bekannteren Anwendungen von Resveratrol betrifft Herz-Kreislauf-Erkrankungen (und deren Vorbeugung). Es verhindert die Alterung von Herz und Blutgefäßen und hemmt die Entwicklung und das Fortschreiten der Arteriosklerose. Auch hält es die Gefäßwände geschmeidig und kann u. a. dadurch bei zu hohem Blutdruck helfen. Resveratrol hat außerdem einen günstigen Einfluss auf den Cholesterinspiegel, vor allem bei Menschen mit Adipositas, metabolischem Syndrom und Typ-2-Diabetes.
Das Metabolische Syndrom ist durch eine Reihe von Stoffwechselanomalien wie z. B. Übergewicht, verminderte Insulinempfindlichkeit (Insulinresistenz) und veränderte Blutzucker-, Triglycerid- und Cholesterinwerte gekennzeichnet. Menschen mit metabolischem Syndrom haben ein erhöhtes Risiko für Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Bei Menschen mit metabolischem Syndrom senkt Resveratrol den Nüchternblutzucker, den Insulinspiegel und die Menge an Körperfett und erhöht die Insulinempfindlichkeit und die Fettverbrennung. Viele dieser Effekte bewirkt Resveratrol durch die Aktivierung des Enzyms SIRT1 (Sirtuin-1). SIRT1 reguliert den Stoffwechsel, hemmt den programmierten Zelltod und durch den Schutz der Zellstrukturen die Zell- und Gewebealterung. SIRT1 ist in mehreren Geweben und Organen vorhanden, darunter in Fettgewebe, Muskelgewebe, Leber und Bauchspeicheldrüse. Interessanterweise aktiviert die Einschränkung der Nahrungsaufnahme (Kalorienrestriktion) dasselbe SIRT1-Enzym. Resveratrol hat also ähnliche Effekte wie die Kalorienrestriktion, die eine bewährte Methode für ein langes und gesundes Leben ist. Übergewicht ist mit einer chronischen niedriggradigen Entzündung verbunden. Resveratrol wirkt einer chronischen Low-Grade-Entzündung entgegen und kann so bei Übergewichtigen zur Normalisierung des Stoffwechsels beitragen. Auch die Insulinresistenz fördert eine chronische Low-Grade-Entzündung. Durch die Aktivierung von SIRT1 verbessert Resveratrol die Insulinempfindlichkeit und reduziert damit indirekt die niedriggradige Entzündung und das Risiko, am metabolischen Syndrom oder Typ-2-Diabetes (Alterszucker) zu erkranken. Resveratrol kann außerdem zu einer Reduzierung des Körpergewichts beitragen.
Niederländische Wissenschaftler des University Medical Center Groningen (UMCG) untersuchen derzeit, ob Resveratrol helfen kann, den Leptinspiegel bei adipösen Covid-19-Patienten zu senken. Leptin, auch Sättigungshormon genannt, ist ein Hormon, das von Fettzellen ausgeschüttet wird. Leptin erhöht bei Covid-19-Erkrankten den Schweregrad von Entzündungen. Da übergewichtige Menschen tendenziell einen höheren Leptinspiegel haben, könnte dies erklären, warum adipöse Menschen ein höheres Risiko für einen schweren Verlauf einer Corona-Infektion mitbringen. Allerdings wurde bisher nur in Tierstudien gezeigt, dass Resveratrol den Leptinspiegel senkt, während mehrere Studien am Menschen ergeben haben, dass es sich nicht auf den Leptinspiegel auswirkt. Resveratrol kann aufgrund seiner entzündungshemmenden, antioxidativen, fibrosehemmenden, anti-adipösen und kardioprotektiven Wirkungen durchaus in anderer Weise positiv unterstützend auf Covid-19 und die Restsymptome nach der Genesung wirken.
Resveratrol ist bei einer chronisch obstruktiven Lungenerkrankung (COPD), einem unheilbaren, fortschreitenden Krankheitsbild der Lunge, eine vielversprechende Alternative zu Corticosteroiden. Die entzündungshemmenden Eigenschaften von Resveratrol reduzieren die Infiltration von Entzündungszellen in die Lunge. Entzündungsreaktionen erhöhen die Produktion von freien Radikalen, außerdem ist bei COPD die körpereigene antioxidative Kapazität ohnehin reduziert. Die antioxidative Wirkung von Resveratrol hat also einen günstigen Einfluss auf die COPD-Beschwerden wie Luftnot und Husten. Resveratrol stärkt dabei das durch COPD geschwächte Lungen- und Skelettmuskelgewebe, indem es unter anderem die Funktion der Mitochondrien verbessert. Schließlich bietet die antimikrobielle Aktivität von Resveratrol Schutz gegen Atemwegspathogene, die die COPD verschlimmern.
Chronische niedriggradige Entzündungen spielen auch eine wichtige Rolle bei der Osteoporose, bei der mehr Knochensubstanz abgebaut als aufgebaut wird, was die Knochenfestigkeit reduziert. Eine Resveratrol-Supplementierung verbessert die Knochenbildung und die Knochenmineralisierung.
Die rheumatoide Arthritis (eine Krankheit des rheumatischen Formenkreises) ist eine Autoimmunerkrankung, die durch eine chronische Entzündung, insbesondere der Gelenke, gekennzeichnet ist. Die Supplementierung mit Resveratrol führt zu einer Abnahme der Schmerzen und Schwellungen an den betroffenen Gelenken. Auch bei Osteoarthritis (Arthrose), bei der eine Entzündung im Gelenkknorpel dessen Abnutzung verursacht, hat die Supplementierung mit Resveratrol eine entzündungshemmende und schmerzlindernde Wirkung.
Bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen wie der Colitis ulcerosa, die ebenfalls als Autoimmunerkrankung gilt, führt die Supplementierung mit Resveratrol zu einer Reduktion der Krankheitssymptome. Resveratrol hemmt die Entzündungsaktivität im Darm und verbessert bei Menschen mit Colitis ulcerosa die Lebensqualität.
Die meisten gesundheitlichen Effekte von Resveratrol werden bei einer Supplementierung mit Dosen von 250-500 mg pro Tag erreicht. Resveratrol ist eine sehr sichere Substanz, von der auch bei Langzeitanwendung keine Nebenwirkungen zu erwarten sind. Die Anwendung in der Schwangerschaft und Stillzeit wird nicht empfohlen, da hierzu keine Daten vorliegen. Im Falle einer Hepatitis-B- oder Hepatitis-C-Infektion kann Resveratrol die Vermehrung des Virus stimulieren; auch in diesem Fall wird seine Anwendung nicht empfohlen.
Resveratrol kann die Aktivität mehrerer Enzyme des Cytochrom P450 (CYP)-Systems in der Leber hemmen, das für die Umwandlung und den Abbau verschiedener (allgemein üblicher) Medikamente verantwortlich ist. Theoretisch kann dies die Wirksamkeit von gängigen Medikamenten, die durch diese CYP-Enzyme verstoffwechselt werden, hemmen oder verstärken. In der Praxis sind solche Wechselwirkungen jedoch erst bei einer Tagesdosis von über 1000 mg Resveratrol zu erwarten. Resveratrol kann die Wirkung bestimmter Antibiotika (Fluorchinolone) abschwächen. Für Menschen, die blutdrucksenkende, antidiabetische oder gerinnungshemmende Medikamente einnehmen, ist zu beachten, dass Resveratrol den Blutdruck und den Blutzuckerspiegel senken und die Thrombozytenaggregation hemmen kann.
Weitere Informationen zu den Anwendungen und wissenschaftlichen Hintergründen von Resveratrol finden Sie in dem ausführlichen Übersichtsartikel Resveratrol, ein multifunktionales Polyphenol.