Ermöglicht durch

Vitamin A

1881 wurde in der Milch eine Substanz entdeckt, die für eine normale Entwicklung unerlässlich ist. 1912 bestätigte Frederic Gowland Hopkins dies, indem er zeigte, dass Ratten ohne Milch ihr Wachstum einstellen. 1920 erhielt diese Substanz den Namen 'Vitamin A'. Der Körper bezieht Vitamin A zum Teil aus tierischen Fetten, kann aber aus Carotinoiden wie z. B. Beta-Carotin auch sein eigenes Vitamin A herstellen.

Vitamin A ist in der Zelle an verschiedenen biochemischen und physiologischen Prozessen beteiligt. Eine ausreichende Zufuhr von Vitamin A ist wichtig für das Sehvermögen (das Sehen bei geringer Lichtintensität), die Genexpression, die Zellteilung und Zelldifferenzierung, die Qualität von Schleimhäuten und Epithelgewebe (Wundheilung), das Wachstum und die Entwicklung, die Fortpflanzung, die Lungenfunktion, den antioxidativen Status und die gute Funktion des Immunsystems. Unter den Betriff Vitamin A fallen verschiedene Verbindungen wie Retinol, Retinsäure und Retinylester. Die biologisch aktive Form von Vitamin A ist die all-trans-Retinsäure (ATRA). ATRA reguliert die Expression von Genen, die für strukturbildende Eiweiße (z. B. Keratin in der Haut), Enzyme (z. B. die Alkoholdehydrogenase), extrazelluläre Matrixproteine (darunter die Laminine) und Retinol-bindende Proteine und Rezeptoren kodieren. Vitamin A ist wichtig, um die Eisenspeicher im Körper zu mobilisieren und einer Anämie vorzubeugen. Da Vitamin A fettlöslich ist, kann eine zu hohe Zufuhr zu einer Vergiftung führen. Bei Beta-Carotin, das zum Teil zu Vitamin A umgesetzt wird, besteht diese Gefahr nicht.

Quellen

Wichtige Vitamin-A-Quellen sind Leber, Fisch, fettreduzierte Milch und Vollmilch sowie Milchprodukte und Butter. Auch in Obst und Gemüse ist Beta-Carotin enthalten, das vom Körper in Vitamin A umgewandelt werden kann. Außerdem wird in der Bundesrepublik Deutschland Vitamin A zu Margarine und Produkten zum Backen und Braten hinzugesetzt.

Bitte beachten Sie: Leber enthält große Mengen an Vitamin A. Eine Portion Leberwurst (30 Gramm) enthält zum Beispiel bereits über 1.500 Mikrogramm Vitamin A.

Anzeichen eines möglichen Mangels

Vitamin-A-Mangel kann Nachtblindheit (Keratomalazie), Hautveränderungen wie (follikuläre) Hyperkeratose, eine erhöhte Infektanfälligkeit, Durchfall und Anämie verursachen. Ein langanhaltender schwerer Mangel kann zur Erblindung führen. Im Allgemeinen ist die Vitamin-A-Einnahme ausreichend, aber bestimmte Altersgruppen wie Mädchen im Alter von 7-12 Jahren erhalten zu wenig Vitamin A. Im Gegensatz dazu nehmen fast 10 % der Kleinkinder im Alter von 1 bis 3 Jahren zu viel Vitamin A mit der Nahrung auf.

Indikation

  • Vitamin-A-Mangel
  • Erhöhter Vitamin-A-Bedarf durch Krankheit: Infektionskrankheiten (insbesondere Masern und Malaria), Alkoholismus, Diabetes mellitus, Hyperthyreose, Hypothyreose, Fieber, Lebererkrankungen, Mukoviszidose (zystische Fibrole), Abetalipoproteinämie
  • Prävention von Augenerkrankungen: Nachtblindheit, Xerophthalmie, schlechtes Sehen, Makuladegeneration, Glaukom, Katarakt, Retinitis pigmentosa
  • Regeneration nach Augenlasern (in Kombination mit Vitamin E)
  • Unterstützung des Immunsystems
  • Hauterkrankungen: Akne, Ekzem, Psoriasis, Lippenherpes, Wunden, Brandwunden, Verbrennung, Keratosis follicularis (Morbus Darier), Ichthyose, Lichen planus pigmentosus
  • Prävention von Brustkrebs
  • Eisenmangelanämie (zusammen mit Eisen)
  • Prävention von postoperativen Komplikationen (in Kombination mit Zink)
  • Multiple Sklerose (mit reduziertem Vitamin-A-Status)
  • Vorbeugung gegen kognitiven Verfall und Demenz (aufgrund eines marginalen Vitamin-A-Mangels)

Anwendungsempfehlungen

Allgemeine Dosisempfehlung (langfristig): bis zu 1200 µg-RE (4000 IE) pro Tag in der Form von Retinol zu einer (fetthaltigen) Mahlzeit.

Therapeutische Dosierung: bei Personen mit schwerem Vitamin-A-Mangel kann eine höhere Dosis Vitamin A (3000 bis 7500 µg -RE in Form von Retinol) für einen kurzen Zeitraum (maximal mehrere Wochen bis zwei Monate) unter Aufsicht eines Arztes eingenommen werden. Bei schwerem Vitamin-A-Mangel ist die Supplementierung mit Retinol dem Beta-Carotin vorzuziehen, da die Absorption von vorgeformtem Vitamin A aus Nahrungsergänzungsmitteln wesentlich effizienter ist als die von Beta-Carotin (70-90 % bzw. 8,7-65 %).

Achten Sie bei längerfristiger Vitamin-A-Supplementierung darauf, die tolerierbare Höchstaufnahmemenge (gesamte Vitamin-A-Einnahme aus Nahrung und Ergänzungsmitteln) nicht zu überschreiten (siehe die Tabelle).

Ernährungsrichtwerte für Vitamin A (Retinol)

 

Empfohlene
Tagesdosis (µg)

 

Tolerierbare Höchst-aufnahmemenge (µg)

0-4 Monate

500

   

  4-12 Monate

  400

   

  1-4 Jahre

  300

  1-3 Jahre

  800

  4-7 Jahre

  350

  4-6 Jahre

  1100

  7-10 Jahre

  450

  7-10 Jahre

  1500

  10-13 Jahre 

  600

  11-14 Jahre

  2000

  13-15 Jahre       (Jungen/Mädchen)

  800/700

  

  

  15-19 Jahre   (Jungen/Mädchen)

  950/800

  15-17 Jahre

  2600

  19-65 Jahre   (Männer/Frauen)

  850/700

  >18 Jahre

  3000

  >65 Jahre (Männer/Frauen)

  800/700

  

  

  In der Schwangerschaft

  800

  In der Schwangerschaft

  3000

  In der Stillzeit

  1300

  In der Stillzeit

  3000

In Nahrungsergänzungsmitteln wird die Menge an Vitamin A in µg Retinol-Äquivalenten (RE für Englisch retinol equivalent) angegeben: 1 µg-RE = 1 µg Retinol = 6 µg Beta-Carotin. Die Menge an Vitamin A in Lebensmitteln wird normalerweise in Retinol-Aktivitäts-Äquivalenten (RAE) angegeben: 1 µg-RAE = 1 µg Retinol = 12 µg Beta-Carotin.

Eine frühere Empfehlung für postmenopausale Frauen, die Zufuhr von präformiertem Vitamin A aufgrund eines erhöhten Risikos von Hüftfrakturen auf 1.500 µg-RE/Tag zu begrenzen, wurde aufgrund unsicherer Forschungsergebnisse zurückgezogen.

Während der Schwangerschaft und Stillzeit ist der Vitamin-A-Bedarf erhöht. Ein Zuwenig ist ebenso schädlich wie ein Zuviel. Vor den potenziell schädlichen Auswirkungen einer zu hohen Vitamin-A-Zufuhr während der Schwangerschaft wird gewarnt. Daher wird vom Verzehr von Leberprodukten abgeraten. Während der Schwangerschaft ist es vernünftig, ein speziell auf diesen Zeitraum abgestimmtes Mutivitaminpräparat mit einer sicheren Dosis Vitamin A (etwa 150 µg) einzunehmen.

Wechselwirkungen

  • Die Nahrungsergänzung mit Vitamin A bei gleichzeitiger Einnahme von Magensäureblockern fördert die Heilung von Magengeschwüren.
  • Die Nahrungsergänzung mit Vitamin A kann sich bei einer Chemotherapie als günstig erweisen (Beheben des abgesenkten Vitamin-A-Status, Verringerung von Nebenwirkungen und/oder Verbesserung der Wirkung der Cytostatika), kann in einigen Fällen aber auch zu negativen Wechselwirkungen führen. Dies sollte von Fall zu Fall von einem erfahrenen Arzt geklärt werden.
  • Colestyramin, Colestipol, Colestyramin und Orlistat verringern die Absorption von Vitamin A. Die Einnahme eines Multipräparats mit Vitamin A oder eines gesonderten Vitamin-A-Ergänzungsmittels ist zu empfehlen.
  • Die langfristige Einnahme von Corticosteroiden kann den Vitamin-A-Status verringern. Eine Supplementierung mit Vitamin A kann die Wirksamkeit von Corticosteroiden erhöhen. Die Überwachung der Serumspiegel von Vitamin A und RBP (Retinol-bindendes Protein) ist angebracht.
  • Statine können den Vitamin-A-Spiegel erhöhen. Seien Sie bei der Vitamin-A-Supplementierung zurückhaltend.
  • Medroxyprogesteron (Dreimonatsspritze zur Empfängnisverhütung) und orale Kontrazeptiva können den Vitamin-A-Spiegel erhöhen und die Absorption von Carotinoiden verringern. Seien Sie bei der Vitamin-A-Supplementierung zurückhaltend; die Supplementierung mit Carotinoiden kann angebracht sein.
  • Neomycin verringert die Absorption von Vitamin A; bei Einnahme hoher Neomycin-Dosen über 2 Tage oder länger ist eine zusätzliche Supplementierung mit Vitamin A und/oder Beta-Carotin angebracht.
  • Seien Sie bei der Vitamin-A-Supplementierung zurückhaltend, wenn Sie Retinoide oder Tetracyclin-Antibiotika einnehmen.
  • Vitamin A und Zink haben eine synergistische antioxidative Wirkung.
  • Vitamin A kann die Absorption von Eisen aus der Nahrung und aus Nahrungsergänzungsmitteln verbessern, wenn der Eisengehalt und die Retinolkonzentration im Serum niedrig sind. Andererseits kann ein Eisenmangel den Vitamin-A-Stoffwechsel beeinträchtigen.
  • Möglicherweise können hohe Dosen von vorgebildetem Vitamin A die Vitamin-D-induzierte Calciumaufnahme beeinträchtigen.

Sicherheit

Vitamin A ist unbedenklich, wenn die tolerierbare Höchstaufnahmemenge nicht (für längere Zeit) überschritten wird. Die Höchstaufnahmemenge bezieht sich auf die Gesamteinnahme von Vitamin A aus der Nahrung (Vitamin-A-reiche Lebensmittel wie angereicherte Margarine und tierische Erzeugnisse, insbesondere Leber) und aus Nahrungsergänzungsmitteln.

Eine zu hohe Einnahme von Vitamin A wirkt toxisch auf die Leber und vergrößert bei einer Schwangerschaft das Risiko von angeborenen Missbildungen beim Kind.

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