Das männliche Sexualhormon Testosteron wird in den Hoden und zu einem kleinen Teil in den Nebennieren produziert. Der Ausgangsstoff von Testosteron ist Cholesterin und deshalb gehört Testosteron zur Gruppe der Steroidhormone*, ebenso wie u. a. das weibliche Sexualhormon Östrogen und das Stresshormon Cortisol. Testosteron ist für die männliche Sexualität, Fruchtbarkeit und Vitalität unerlässlich. Es spielt eine wichtige Rolle bei der Entwicklung der Hoden und der Prostata. In der Pubertät bewirkt Testosteron die Entwicklung der männlichen sekundären Geschlechtsmerkmale. Das Hormon hat einen positiven Einfluss auf die Knochengesundheit, die Muskelmasse, die Prostata, die Haut, den Blutdruck, die kognitiven Funktionen, den Stoffwechsel und den Energiezustand. Die Testosteronproduktion wird durch Hormone beeinflusst, die vom Hypothalamus und der Hypophyse (Hypothalamus-Hypophysen-Gonaden-Achse [HHG]) ausgeschüttet werden. Unter anderem in Hoden, Prostata und Talgdrüsen kann Testosteron in den noch aktiveren Metaboliten DHT* (Dihydrotestosteron) umgewandelt werden. Aus einer kleinen Menge Testosteron wird Östradiol gebildet, ein Östrogen, das auch für die Gesundheit des Mannes wichtig ist. Testosteron wird im Blut hauptsächlich durch Transportproteine weitergeleitet. Der größte Teil des im Blut befindlichen Testosterons ist an SHBG* (Sexualhormon-bindendes Globulin) und Albumin* gebunden. Aktiv ist nur das freie, nicht an SHBG gebundene Testosteron.
Ab dem 35. Lebensjahr nimmt die Testosteronproduktion aufgrund von Funktionseinbußen von Hypothalamus, Hypophyse und Hoden allmählich um durchschnittlich 1-2 % pro Jahr ab. Untersuchungen haben ergeben, dass 4 % der Männer zwischen 40 und 49 Jahren einen Testosteronmangel haben, bei Männern über 80 Jahren sind es sogar 50 %.(1) Chronischer Stress, Erkrankungen wie Fettleibigkeit, metabolisches Syndrom, Typ-2-Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen sowie der Konsum von Alkohol und die Einnahme von Medikamenten tragen alle zu einem Absinken des Testosteronspiegels bei. Umgekehrt wird Testosteronmangel mit einem höheren Risiko für chronische (altersbedingte) Krankheiten in Verbindung gebracht. Ein sinkender Testosteronspiegel kann zu Symptomen wie verminderte Fruchtbarkeit, Libidoverlust und Erektionsstörungen führen. Müdigkeit, Depressionen und eine Abnahme von Muskelmasse und Muskelkraft können unter anderem ebenfalls auf einen Testosteronmangel zurückzuführen sein.
Mit zunehmendem Alter nimmt die Prostata langsam an Größe zu. Dies ist auf eine Vergrößerung der Zellanzahl zurückzuführen. Da die Prostata die Harnwege umgibt, kann sie Blasenreizungen und Beschwerden im unteren Harntrakt verursachen, die sich oft stark auf die Lebensqualität auswirken. Die Ursachen der gutartigen Prostatavergrößerung (benigne Prostatahyperplasie, BPH) sind noch nicht vollständig geklärt. Es wird angenommen, dass die Einwirkung von DHT und DHT-Metaboliten auf das Prostatagewebe einen Beitrag zur Entwicklung der BPH liefert. Testosteron hat diese Wirkung möglicherweise nicht, und die Hemmung der Umwandlung von Testosteron zu DHT hilft, das Fortschreiten der BPH zu verlangsamen. Außerdem spielen wahrscheinlich psychischer Stress, eine chronische Entzündung der Prostata und das metabolische Syndrom eine Rolle. Eine BPH kann zu Miktionsproblemen führen wie häufiges oder übermäßiges Wasserlassen, Schwierigkeiten, beim Wasserlassen nicht zu unterbrechen und neu ansetzen zu müssen, einen schwachen Harnstrahl, die Unfähigkeit, die Blase vollständig zu entleeren, häufiges Wasserlassen in der Nacht (Nykturie) und Schmerzen beim Wasserlassen.
Schon immer verwenden Männer fruchtbarkeitsfördernde und aphrodisierende pflanzliche Mittel wie Maca, und es gibt auch traditionelle Heilmittel für Prostatabeschwerden wie zum Beispiel Kürbiskerne. In den letzten Jahrzehnten wurden viele (Phyto-)Nutrienten auf ihre Auswirkungen auf die männliche Sexualität, Vitalität und Fruchtbarkeit wissenschaftlich untersucht. Im Folgenden werden neun pflanzliche Heilmittel und Nährstoffe vorgestellt, die einen positiven Einfluss auf den Testosteronspiegel, die Spermienproduktion und die Gesundheit der Prostata haben und zur Vorbeugung und Behandlung häufiger Männerbeschwerden eingesetzt werden können.
Psychischer und physischer Stress wirken sich negativ auf die Sexualfunktion und Fruchtbarkeit von Männern aus. Cortisol stört die Regulation der Keimdrüsen durch Hypothalamus- und Hypophysenhormone und hat einen negativen Einfluss auf die Spermienproduktion.(2) Die vielseitige Heilpflanze Ashwagandha hat eine regulierende, regenerierende und ausgleichende Wirkung auf das Gehirn, das Nervensystem, das Immunsystem, den Stoffwechsel und das Hormonsystem. Durch die Regulation des Stresssystems (Hypothalamus-Hypophysen-Nebennieren-Achse) und der Keimdrüsen (HHG-Achse) hat Ashwagandha eine stressreduzierende Wirkung.(2) Die Supplementierung mit Ashwagandha kann dem alters- und stressbedingten Testosteronabfall, dem Libidoverlust, der Impotenz, der verminderten Fruchtbarkeit und dem Nachlassen der körperlichen und kognitiven Funktionen entgegenwirken.(3-5) Studien am Menschen haben gezeigt, dass Ashwagandha den Testosteronspiegel erhöht, insbesondere in Kombination mit Sport die Muskelmasse und -kraft steigert und die Fettmasse verringert und zu einer verbesserten Spermaqualität führt.(4,6)
Maca, eine Knollenpflanze, die in den Höhenlagen der Anden wächst und auch als “peruanischer Ginseng” bekannt ist, verfügt über starke adaptogene (u. a. energiesteigernde und stressregulierende) Eigenschaften. Macaknollen gibt es in verschiedenen Varietäten. Die Forschung zeigt, dass insbesondere schwarze Maca die männliche Fruchtbarkeit fördert, rote Maca die BPH hemmt und sowohl rote als auch schwarze Maca die Sexualfunktion verbessern.(7) Maca stimuliert den Hypothalamus und die Hypophyse und hat somit eine positive Wirkung auf das Stresssystem und die Keimdrüsen.(7) Die Supplementierung mit Maca kann die Spermaqualität verbessern, da sie die Spermienkonzentration, das Ejakulatvolumen und die Spermienmotilität erhöht.(8) Maca hat auch eine libidosteigernde Wirkung und kann Erektionsstörungen entgegenwirken, obwohl nicht nachgewiesen ist, dass Maca den Testosteronspiegel erhöht.(9,10)
Bockshornkleesamen haben eine testosteronsteigernde Wirkung und können die Anzeichen eines niedrigen Testosteronspiegels wie Libidoverlust und Impotenz verbessern. Bockshornklee-Extrakt erhöht den Blutspiegel von freiem Testosteron, indem er die Umwandlung von Testosteron in DHT und Östradiol hemmt.(11) Außerdem wird angenommen, dass Bockshornklee dafür sorgt, dass mehr Testosteron vom Transportprotein im Blut abgespalten wird.(12) Darüber hinaus erhöht Bockshornklee die Empfindlichkeit der Körperzellen gegenüber Testosteron.(13) Bestimmte Inhaltsstoffe des Bockshornklees, die so genannten Steroidsapogenine, haben eine steroidale Grundstruktur, die der von Testosteron ähnelt, so dass sie als Vorstufen von Testosteron dienen können.(11) Bockshornklee ist bei BPH unbedenklich einsetzbar und sicher in der Anwendung.(34)
Zink ist ein für die Fruchtbarkeit wichtiger Mineralstoff. Zink spielt eine Rolle bei der Produktion, Speicherung und Freisetzung von Testosteron. In den Hoden ist Zink für die Bildung von Samenzellen unerlässlich. Auch die Funktion der Prostata hängt von Zink ab.(14) Ein ernsthafter Zinkmangel kommt in Deutschland wahrscheinlich nicht vor, aber der Zinkstatus kann aufgrund von Alterung, Krankheit, Vegetarismus/Veganismus, langfristiger Medikamenteneinnahme und toxischer Belastung suboptimal sein. Eine Zinkergänzung wirkt sich insbesondere dann positiv auf die Testosteronproduktion aus, wenn ein Zinkmangel vorliegt. Eine Zink-Supplementierung erhöht die Anzahl der Samenzellen im Sperma und verbessert deren Motilität.(15) Bei der Ejakulation fügt die Prostata dem Sperma viel Zink zu, so dass der Zinkgehalt 85 bis 90 Mal höher ist als im Blut. Der Zinkgehalt in der Prostata ist daher hoch. Es wird angenommen, dass Zink vor BPH schützt.(16) Schließlich ist Zink wichtig für gesundes Haar, und Männer, die unter Haarausfall leiden, können von einer Zinkergänzung profitieren.(17) Die tägliche Zufuhr von ausreichend Zink ist wichtig, weil der Körper keine Reserven vorhält. Die empfohlene Tagesdosis für erwachsene Männer beträgt 10 mg; die sichere Obergrenze (aus Nahrung und Nahrungsergänzung) liegt bei 25 mg pro Tag. Für eine kurze Zeit kann jedoch eine höhere Dosis Zink (zum Beispiel 1 mg pro kg Körpergewicht pro Tag) eingenommen werden.(18)
Das Spurenelement Selen ist für die normale Struktur und Funktion der Hoden und folglich für eine gute Spermaqualität und Fruchtbarkeit unerlässlich. Nicht nur für die Bildung und Reifung von Spermien, sondern auch für die Testosteronproduktion muss ausreichend Selen vorhanden sein.(19) Die Supplementierung mit Selen verbessert die Spermaqualität, weil dadurch die Anzahl, Beweglichkeit und Lebensfähigkeit der Spermien erhöht wird, das Ejakulatvolumen vergrößert wird und der Testosteronspiegel steigt.(20) Selen ist ein wichtiges Antioxidans und schützt die Spermien vor oxidativem Stress.(19) Außerdem scheint ein adäquater Selenstatus das BPH-Risiko zu verringern.(21) Ebenso wie Zink ist Selen gut für die Bewahrung gesunder Haare. In Deutschland kann eine Selen-Supplementierung dazu beitragen, den Selenstatus zu optimieren, da die Aufnahme über die Nahrung oft zu gering ist (durchschnittlich zwischen 31 und 66 µg/Tag, während die empfohlene Menge 60 µg für Frauen und 70 µg für Männer beträgt).
Die Rinde des Baumes Pygeum africanum wird von afrikanischen Männern traditionell als Aphrodisiakum und zur Bekämpfung von Harnwegsbeschwerden genutzt. Der Extrakt aus Pygeum africanum unterstützt die Funktion der Prostata und kann zur Vorbeugung und Behandlung von BPH eingesetzt werden.(22) Pygeum africanum hemmt die Produktion von Wachstumsfaktoren, die die Zellvermehrung im Prostatagewebe auslösen.(23) Darüber hinaus verringert Pygeum-Extrakt vor allem die Aktivität des aktiven Testosteron-Metaboliten DHT, indem er den Androgenrezeptor* blockiert und vermutlich die Umwandlung von Testosteron in DHT hemmt.(21) DHT hat eine viel höhere Bindungsaffinität für den Androgenrezeptor als Testosteron. Die Einnahme von Pygeum-Extrakt reduziert auch die Symptome der BPH wie z. B. eine schwierige und manchmal schmerzhafte Blasenentleerung und starken Harndrang.(24)
Kürbiskerne werden seit Jahrhunderten auf mehreren Kontinenten als Heilmittel für Nieren-, Blasen- und Prostataerkrankungen verwendet. Die Forschung zeigt, dass bioaktive Substanzen in Kürbiskernen bei BPH und Beschwerden des unteren Harntrakts eine positive Wirkung haben.(21) Kürbiskern-Extrakt kann einer Prostatavergrößerung entgegenwirken, die Schwere und Häufigkeit von Miktionsbeschwerden wie unvollständige Blasenentleerung und Nykturie verringern und die Lebensqualität von Männern mit einer vergrößerten Prostata verbessern.(25,26)
Die Früchte der Sägepalme finden bei Männerbeschwerden breite Anwendung. Die wichtigsten bioaktiven Substanzen sind freie Fettsäuren, Phytosterine wie beta-Sitosterol und Bioflavonoide. Für die Qualität und Wirksamkeit von Sägepalmenextrakt ist es wichtig, dass er einen hohen Anteil an freien Fettsäuren enthält. Sägepalmenextrakt reduziert die Bildung und möglicherweise die Aktivität von DHT, hemmt die Zellvermehrung in der Prostata und entspannt das glatte Muskelgewebe der Blase und der Harnwege.(21,27,28) Sägepalmenextrakt verbessert die Sexualfunktion und die Erektionsfähigkeit bei Männern mit BPH, bekämpft Haarausfall und kann auch das Nachwachsen des Kopfhaars unterstützen.(29-31)
Das Phytosterin beta-Sitosterol ist in den Früchten der Sägepalme und in der Pygeum-Rinde enthalten. Beta-Sitosterol kann die Miktionsbeschwerden bei Männern mit einer vergrößerten Prostata verbessern.(21) Die positiven Wirkungen bei BPH sind teilweise auf die entzündungshemmenden und antioxidativen Eigenschaften von beta-Sitosterol sowie auf seine hemmende Wirkung auf die Bildung von DHT aus Testosteron zurückzuführen.(32,33)
Albumin: das am häufigsten vorkommende Protein im Blut, das wichtige Funktionen bei der Aufrechterhaltung des richtigen osmotischen Drucks in den Blutgefäßen und bei der Bindung und dem Transport von Substanzen wie Bilirubin, Fettsäuren und Hormonen hat.
Androgenrezeptor: Rezeptor, der sich im Zellkern befindet und durch androgene Hormone wie Testosteron und Dihydrotestosteron (DHT) aktiviert wird.
DHT: Dihydrotestosteron, hat aufgrund seiner größeren Affinität zum Androgenrezeptor eine stärkere Wirkung als Testosteron.
SHBG: Sexualhormon-bindendes Globulin. Protein, das Testosteron und Östradiol im Blut bindet und so die Menge des verfügbaren Testosterons und Östradiols beeinflusst.
Steroidhormone: Gruppe von Hormonen, die aus Cholesterin gebildet werden, aufgrund ihrer fettlöslichen Natur die Zellmembran passieren können und ihren Zielrezeptor in der Zelle aktivieren.