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Zusammenfassung Vitamin K2

Essentieller Nährstoff für die Blutgerinnung, die kardiovaskuläre Gesundheit und den Knochenstoffwechsel

Einleitung

Vitamin K ist nicht nur für die Blutgerinnung notwendig, es spielt auch eine Rolle im Knochenstoffwechsel und dabei, die Blutgefäße und andere Weichteilgewebe elastisch zu halten. Darüber hinaus scheint Vitamin K eine Funktion bei der Unterstützung des Immunsystems zu haben. Weiterhin gibt es Hinweise darauf, dass Vitamin K bei COVID-19 aus mehreren Gründen von Vorteil sein kann.

Vitamin K ist ein essentieller Nährstoff und sollte daher in ausreichender Menge über die Nahrung oder durch Nahrungsergänzungsmittel zugeführt werden. Am bekanntesten ist die Rolle von Vitamin K bei der Blutgerinnung, Vitamin K hat jedoch noch weitere wichtige Funktionen im Körper. Dieses Vitamin ist an der Bildung und Mineralisierung von Knochen- und Zahngewebe beteiligt und verhindert die Kalziumablagerung in Weichteilgeweben wie Blutgefäßen, Knorpel, Lunge, Nieren und Milz. Neuere Erkenntnisse deuten auch auf eine entzündungshemmende und antioxidative Wirkung von Vitamin K hin.

Vitamin K ist ein wesentlicher Co-Faktor für ein Enzym (Gamma-Glutamylcarboxylase), das Vitamin-K-abhängige Proteine aktiviert. Vitamin-K-abhängige Proteine spielen bei verschiedenen physiologischen Prozessen wie der Blutgerinnung, dem Knochenstoffwechsel, der Gefäßfunktion und der Aufrechterhaltung der Elastizität von Weichteilgeweben eine Schlüsselrolle. Zu den Vitamin-K-abhängigen Proteinen gehören mehrere Gerinnungsfaktoren (darunter Faktor II [Prothrombin], Faktor VII, Faktor IX und Faktor X), Osteocalcin*, Matrix-GLA-Protein* und Gas6*. Die Vitamin-K-abhängigen Proteine werden durch die Wirkung des Enzyms einer Modifikation unterzogen, die als (Gamma )Carboxylierung bezeichnet wird und nach der sie in der Lage sind, Kalziumionen zu binden, was für ihre biologische Aktivität notwendig ist. Ein angemessener Vitamin-K-Status ist daher für das ordnungsgemäße Funktionieren der Vitamin-K-abhängigen Proteine unerlässlich. Das verbrauchte (oxidierte) Vitamin K kann durch eine enzymatische Reaktion in seine aktive (reduzierte) Form zurückgeführt und erneut verwendet werden. Eine bestimmte Klasse von Antikoagulanzien, die so genannten Vitamin-K-Antagonisten oder Cumarinderivate, blockieren das Enzym, das für die Wiederaufbereitung von Vitamin K verantwortlich ist.

* Siehe Erläuterung der Begriffe

Quellen für Vitamin K

Das fettlösliche Vitamin K umfasst eine Gruppe von Verbindungen mit einer gemeinsamen Struktur und wird in Vitamin K1 (Phyllochinon) und Vitamin K2 (Menachinon [MK]) unterteilt. Vitamin K2 enthält mehrere Menachinone, darunter MK-4 und MK-7, die sich durch die Länge ihrer Seitenkette unterscheiden. Vitamin K1 ist hauptsächlich in grünem (Blatt )Gemüse und Pflanzenölen enthalten. Fast alle Formen von Vitamin K2 werden von Bakterien synthetisiert und sind in fermentierten Lebensmitteln wie Käse und Joghurt zu finden (MK-8 und MK-9). Natto, ein japanisches Gericht aus fermentierten Sojabohnen, ist die reichhaltigste Quelle für Vitamin K2 (MK-7). Darmbakterien produzieren ebenfalls eine kleine Menge K2. MK-4 ist die einzige Form, die nicht bakteriellen Ursprungs ist und in geringen Mengen in Fleisch, Fisch und Eiern vorkommt. Natto wird außerhalb Japans kaum verzehrt, so dass hier ein Vitamin-K-Mangel viel häufiger auftritt und die Menschen eher eine Vitamin-K-Ergänzung benötigen. Obwohl die biologische Funktion von K1 und K2 ähnlich ist, gibt es Unterschiede in der Bioverfügbarkeit und der Verteilung im Gewebe. Die westliche Nahrung enthält hauptsächlich das schlecht absorbierbare Vitamin K1 (ca. 90 %), das sich nach der Aufnahme vor allem in der Leber anreichert und eine Halbwertszeit* von etwa 1,5 Stunden hat. Vitamin K2 (insbesondere die MK-7-Variante) ist dem Vitamin K1 in Bezug auf Absorption, Verteilung im Körpergewebe und Bioverfügbarkeit überlegen.(1-3) Es ist wichtig, ein Nahrungsergänzungsmittel mit der leicht resorbierbaren Variante MK-7 zu wählen, das einen hohen Grad an Stabilität aufweist, damit sich der Stoff nicht unter dem Einfluss von Licht oder bestimmten Mineralien oder Zusatzstoffen zersetzt.

Die direkte Bestimmung der Vitamin-K-Serumwerte gibt Aufschluss über die aktuelle Vitamin-K-Zufuhr, ist jedoch aufgrund der Unterschiede zwischen Vitamin K1 und K2 in Bezug auf Bioverfügbarkeit und Halbwertszeit keine gute Methode zur Messung des Vitamin-K-Gesamtstatus. Außerdem gibt der Serumwert nur begrenzt Auskunft über das Vorhandensein und den Verbrauch von Vitamin K in Geweben und Organen außerhalb der Leber. Ein geeigneter Biomarker für den Vitamin-K-Status ist der Gehalt an inaktivem (uncarboxyliertem) Matrix-GLA-Protein oder das Verhältnis von carboxyliertem zu uncarboxyliertem Osteocalcin.(4)

Vitamin-K-Bedarf

Die angemessene Zufuhr* (Adequate Intake – AI) für Vitamin K1 wurde in den Niederlanden für Erwachsene auf 70 Mikrogramm pro Tag festgelegt; für Vitamin K2 gibt es keine gesonderten Empfehlungen.(5) Dieser AI-Wert von Vitamin K1 orientiert sich an einer normalen Blutgerinnung. Es gibt jedoch immer mehr wissenschaftliche Belege dafür, dass diese Zufuhr nicht ausreicht, um die anderen Funktionen von Vitamin K zu optimieren, insbesondere die physiologischen Funktionen außerhalb der Leber (wie die Knochenbildung und die Aufrechterhaltung der Elastizität der Weichteilgewebe). Die orthomolekulare Empfehlung lautet, zusätzlich zu Vitamin K1 auch Vitamin K2 in einer allgemeinen Erhaltungsdosis von 90-180 Mikrogramm pro Tag mit einer fetthaltigen Mahlzeit einzunehmen. Vitamin K wird im Körper nur in begrenztem Umfang gespeichert, schnell umgewandelt und über den Urin oder die Faeces wieder ausgeschieden.(6,7) Während der Schwangerschaft kann Vitamin K nicht oder kaum über die Plazenta zum ungeborenen Kind gelangen, so dass sich kein Vorrat bilden kann. Neugeborene haben auch noch nicht genügend Darmbakterien, um selbst Vitamin K zu produzieren, und erhalten daher Vitamin K1 als Nahrungsergänzung. Auch Personen, die über einen längeren Zeitraum Antibiotika oder Gerinnungshemmer einnehmen, eine gestörte Fettaufnahme haben oder an einer chronischen Magen-Darm oder schweren Lebererkrankung leiden, haben ein hohes Risiko für einen Vitamin-K-Mangel, der schwerwiegende Folgen für die Blutgerinnung hat. Ein derart starker Vitamin-K-Mangel ist nicht sehr häufig. Es gibt jedoch Hinweise darauf, dass etwa 40 % der niederländischen Bevölkerung einen unzureichenden Vitamin-K-Status haben, was bedeutet, dass ihnen nicht genügend Vitamin K(2) für die Aktivierung von Vitamin-K-abhängigen Proteinen außerhalb der Leber zur Verfügung steht.(8)

Eine über lange Zeit andauernde Vitamin-K-Insuffizienz kann ein Risikofaktor für (altersbedingte) Erkrankungen wie Osteoporose, Arthrose, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Morbus Alzheimer sein. Auch wenn die Leber noch über genügend Vitamin K (hauptsächlich K1) verfügt, um die Gerinnungsfaktoren zu aktivieren, und die Blutgerinnung normal verläuft, ist nicht mehr genügend Vitamin K für andere Gewebe vorhanden.(9) Vitamin-K-abhängige Proteine, die sich außerhalb der Leber befinden, bleiben uncarboxyliert und damit inaktiv.

* Siehe Erläuterung der Begriffe

Blutgerinnung

Die bekannteste Funktion von Vitamin K ist die eines wichtigen Regulators für die Blutgerinnung. Vitamin K ist ein Co-Faktor bei der Aktivierung von Vitamin-K-abhängigen Gerinnungsproteinen in der Leber wie Prothrombin, Faktor VII, IX und X. Vitamin K aktiviert aber auch die Antikoagulationsfaktoren Protein C und S. Die Hälfte der Synthese von Protein S findet in der Leber statt, die andere Hälfte wird in den Zellen, die die Blutgefäße auskleiden (Endothelzellen), produziert.(4) Dort spielt Protein S in Verbindung mit Protein C eine wesentliche Rolle bei der lokalen Verhinderung von Blutgerinnseln, indem es Gerinnungsfaktoren inaktiviert. Bei Vitamin-K-Mangel werden hauptsächlich Gerinnungsfaktoren in der Leber aktiviert, und zwar auf Kosten von Vitamin-K-abhängigen Proteinen, die außerhalb der Leber (extrahepatisch) synthetisiert werden.(4) Dazu gehören neben Protein S auch Osteocalcin, Matrix-GLA-Protein und Gas6 (Abbildung 1). Eine gestörte Blutgerinnung aufgrund eines Vitamin-K-Mangels kann sowohl zu einem erhöhten Blutungsrisiko als auch zur Bildung von Blutgerinnseln führen.

Abbildung 1: Vereinfachte Darstellung der Wirkung von Vitamin K2 und der extrahepatischen Vitamin-K-abhängigen Proteine
Abbildung 1: Vereinfachte Darstellung der Wirkung von Vitamin K2 und der extrahepatischen Vitamin-K-abhängigen Proteine

Knochengesundheit

Das fortwährende dynamische Gleichgewicht zwischen Knochenaufbau und Knochenabbau wird als Knochenstoffwechsel bezeichnet. Die Aktivität von knochenbildenden Zellen (Osteoblasten) und knochenabbauenden Zellen (Osteoklasten) wird zum Teil durch das Vitamin-K-abhängige Protein Osteocalcin reguliert.(2) Aktiviertes (carboxyliertes) Osteocalcin reguliert die Bildung und Mineralisierung von Knochen und Zähnen, fördert die Aktivität der Osteoblasten und hemmt die Bildung von Osteoklasten. Vitamin K2 verbessert nicht nur die Knochenmineralisierung, sondern auch die Bildung und Organisation der Kollagenfasern im Knochengewebe. Eine Supplementierung mit Vitamin K2 wirkt sich positiv auf die Knochengesundheit aus, indem es die Knochenfestigkeit erhöht und den Knochenumsatz* verringert. Auch das Risiko von Knochenbrüchen sinkt.(10-12) In Japan wird zur Vorbeugung von Osteoporose eine tägliche Einnahme von 250-300 mcg Vitamin K2 (in Form von MK-7) empfohlen.(2)

* Siehe Erläuterung der Begriffe

Kardiovaskuläre Gesundheit

Die Kalziumablagerung in Weichgeweben ist ein aktiv regulierter Prozess, der stark von dem Vitamin-K-abhängigen Matrix-GLA-Protein (MGP) beeinflusst wird. MGP kommt unter anderem im glatten Muskelgewebe von Blutgefäßen, in Knochen, Knorpeln und Weichgeweben wie Fett- und Bindegewebe vor. Es ist der wichtigste Hemmstoff für unerwünschte Kalziumablagerungen im Körper und daher für die Erhaltung elastischer Arterien unerlässlich.(13) Die Verhärtung der Arterien (Arteriosklerose genannt, nicht zu verwechseln mit Atherosklerose) führt zu einem höheren Druck des Blutes auf die Gefäßwand (Blutdruck) und einer höheren Fließgeschwindigkeit des Blutes. Dadurch werden das Herz und das Gefäßsystem stärker belastet. Eine Vitamin-K-Supplementierung mit MK-7 erhöht den Gehalt an aktiviertem MGP, das die Kalziumablagerung in der Gefäßwand und die Verhärtung der Arterien hemmt.(14) Nur Vitamin K2 hat diese Wirkung, Vitamin K1 nicht. Klinische Studien zeigen, dass Vitamin K2 auf diese Weise vermutlich vor Herz-Kreislauf-Erkrankungen schützt und das Sterberisiko verringert.(1,12,13,15,16)

Rheumatische Erkrankungen

Kalziumablagerungen im Knorpel werden mit der Arthrose in Verbindung gebracht, der häufigsten rheumatischen Erkrankung, die (in der englischen Fachliteratur) auch als Osteoarthritis bezeichnet wird. Es könnte sogar ein kausaler Zusammenhang bestehen.(17,18) Menschen mit einem suboptimalen Vitamin-K-Status scheinen ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung einer Arthrose zu haben.(10) Dies gilt auch für Personen, die einen Vitamin-K-Antagonisten einnehmen.(19) Kristalle von Kalziumverbindungen in den Gelenken führen zu Steifheit, vermindern die stoßdämpfenden Eigenschaften des Knorpels und können entzündliche Prozesse auslösen.(2,17) Wenn ausreichend Vitamin K2 vorhanden ist, kann aktiviertes MGP die Verkalkung des Gelenkknorpels verhindern und eine Entzündung hemmen.(10,17) Präklinische Studien deuten darauf hin, dass eine ausreichende Zufuhr von Vitamin K2 (dem Fortschreiten) einer Arthrose vorbeugen kann, aber klinische Studien belegen dies beim Menschen noch nicht.(17) Für Vitamin K2 wurde eine potenzielle antirheumatische Wirkung festgestellt. Die Forschung zeigt, dass eine Vitamin-K2-Supplementierung Entzündungen hemmt (gesenkter Serumspiegel des Entzündungsmarkers CRP [C-reaktives Protein]) und Symptome wie Schwellungen und Schmerzen verringern kann.(20-22) Vitamin K1 zeigt keine derartigen Wirkungen.(23)

Gesund älter werden

Die Alterung ist ein multifaktorieller Prozess, bei dem oxidativer Stress und Entzündungen eine wichtige Rolle spielen. Die Rolle von Vitamin K bei altersbedingten Krankheiten wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Osteoporose wurde bereits erörtert. Darüber hinaus zeigen Forschungsergebnisse, dass eine Vitamin-K2-Supplementierung möglicherweise die glykämische Kontrolle – auch über die Aktivierung von Osteocalcin – verbessert und das Risiko für Typ-2-Diabetes verringert.(12,24,25) Darüber hinaus mehren sich die Nachweise, dass Vitamin K entzündungshemmende und antioxidative Wirkungen über Mechanismen hat, die von seiner Rolle als Co-Faktor bei der Carboxylierung von Vitamin-K-abhängigen Proteinen unabhängig sind.(10-12,26) Ein angemessener Vitamin-K-Status geht mit einer niedrigeren Serumkonzentration von Entzündungsmarkern und weniger reaktiven Sauerstoff-Spezies einher.(10,11) Die Forschung zeigt auch, dass Vitamin K2 die Neuroinflammation und das Absterben von Nervenzellen hemmen kann, und zwar sowohl durch die Aktivierung der Vitamin-K-abhängigen Proteine Gas6 und Protein S als auch durch seine unabhängigen antioxidativen und entzündungshemmenden Eigenschaften.(12,27) Ein Vitamin-K2-Mangel könnte eine Rolle bei der Entstehung der Alzheimer-Krankheit spielen und/oder zu einem beschleunigten Fortschreiten der Krankheit beitragen.(12,27)

COVID-19: von der Lungeninfektion zur Thrombose?

Ein verminderter Vitamin-K-Status wurde mit einem erhöhten Risiko für COVID-19 in Verbindung gebracht. Dabei kann ein erhöhter Vitamin-K-Bedarf während der Krankheit den Vitamin-K-Mangel verstärken und zu einer schlechteren Prognose von COVID-19 beitragen.(9,28) SARS-CoV-2 ist ein Coronavirus, das tief in die Atemwege eindringen kann. Sobald es in die Lunge gelangt, löst es eine Entzündungsreaktion aus: Das angeborene Immunsystem tritt in Aktion. Makrophagen dringen in das Lungengewebe ein und produzieren u. a. Interleukin-6* (IL-6), das mit einer schlechten Prognose assoziiert ist.(4,29) Bei COVID-19-Patienten mit unzureichendem Vitamin-K-Status wurden im Blut höhere Serumkonzentrationen von proinflammatorischen Zytokinen* wie IL-6 festgestellt.(30) Ein Teil der entzündungshemmenden Wirkung von Vitamin K2 kann darauf zurückgeführt werden, dass die Produktion von entzündungsfördernden Zytokinen herunterreguliert wird.(1,31,32) Bei COVID-19 ist die (entzündungsbedingte) Lungenschädigung jedoch nicht das einzige Problem. Viele COVID-19-Patienten scheinen auch Gerinnungsanomalien zu haben, wodurch sich Blutgerinnsel bilden. Bei systemischen Infektionen kann es zu einer Aktivierung der Blutgerinnung kommen. Dies ist bei COVID-19-Patienten relativ häufig der Fall. Bei schwerkranken Patienten besteht ein erhöhtes Risiko für thrombotische Komplikationen wie eine Lungenembolie oder eine tiefe Venenthrombose (Bildung eines festsitzenden Blutgerinnsels in einem Blutgefäß in der Lunge oder im Bein).

Ein Vitamin-K2-Mangel könnte das fehlende Bindeglied zwischen Lungenschäden und Gerinnungsanomalien bei COVID-19 sein, da Vitamin K2 bei beiden Prozessen eine Rolle spielt. Das gesamte vorhandene Vitamin K wirkt in der Leber, um zumindest eine ausreichende Blutgerinnung aufrechtzuerhalten. Vitamin-K-Mangel wirkt sich negativ auf die Funktion von MGP und extrahepatischem Protein S aus, was dazu führt, dass die Kalziumablagerung in Lungengewebe und Blutgefäßen weniger stark gehemmt wird bzw. die Bildung von Blutgerinnseln zunimmt. Die Funktion der Lunge und des Herz-Kreislauf-Systems hängt auch vom Zustand der elastischen Fasern im Lungengewebe und in den Blutgefäßen ab. Elastische Fasern geben dem Bindegewebe Struktur und Festigkeit. Biegsamkeit und Zugfestigkeit sind wichtige Eigenschaften von Lungengewebe und Blutgefäßen. Entzündliche Prozesse, einschließlich der oben beschriebenen Lungenentzündung, fördern die Verkalkung der elastischen Fasern, was zu einer verminderten Funktion und schließlich zu ihrem Abbau führt.(4) Als Reaktion auf die zunehmende Verkalkung und den teilweisen Abbau der elastischen Fasern wird mehr MGP synthetisiert, was zu einem stark erhöhten Vitamin-K2-Bedarf führt.

Wenn ausreichend Vitamin K2 vorhanden ist, werden MGP im Lungengewebe und in der Blutgefäßwand sowie Protein S in den Endothelzellen in ausreichendem Maße aktiviert. Carboxyliertes (aktives) MGP bindet Kalzium und schützt vor Kalziumablagerungen im Weichteilgewebe, vor dem Abbau elastischer Fasern und vor Entzündungen, also vor Prozessen, die in der Lunge und in den Blutgefäßen große (bleibende) Schäden verursachen können.(9) Carboxyliertes Protein S schützt die Blutgefäße vor der Bildung von Blutgerinnseln und hat darüber hinaus entzündungshemmende Eigenschaften. So verringert es beispielsweise die Produktion von Prostaglandin E2, einem wichtigen Mediator von Entzündungsreaktionen, und von entzündungsfördernden Zytokinen.(33) Ärzte des Canisius-Wilhelmina-Krankenhauses im niederländischen Nijmegen untersuchen derzeit die Wirksamkeit und Sicherheit einer Intervention mit Vitamin K2 (333 Mikrogramm dreimal täglich für maximal 14 Tage) in Form von MK-7 bei COVID-19-Patienten, die nicht beatmet werden müssen.(34)

* Siehe Erläuterung der Begriffe

Wechselwirkungen

Vitamin K verringert die Wirkung von Vitamin-K-Antagonisten (Cumarinderivaten) wie Acenocoumarol, Phenprocoumon und Warfarin. Personen, die diese Art von gerinnungshemmenden Medikamenten einnehmen, sollten Vitamin K nur in Absprache mit einem Arzt und unter dessen Aufsicht verwenden.(35) Bestimmte Medikamente, darunter Kortikosteroide, Breitbandantibiotika, Antikonvulsiva und Salicylate, können den Vitamin-K-Status senken.

Vitamin K und Vitamin D spielen beide eine wesentliche Rolle im Kalziumstoffwechsel. Die Kombination einer Vitamin-D-Supplementierung mit einem unzureichenden Vitamin-K-Gehalt im Körper kann sich als ungünstig erweisen. Vitamin D erhöht die Aufnahme von Kalzium im Darm und hemmt seine Ausscheidung über die Nieren. Darüber hinaus stimuliert Vitamin D die Synthese der Vitamin-K-abhängigen Proteine Osteocalcin und MGP, was zu einem erhöhten Vitamin-K-Bedarf führt. Das Kalzium wird zwar gut aufgenommen, der Kalziumspiegel im Blut steigt an, aber das Kalzium kann nicht ausreichend dort deponiert werden, wo es hingehört. Statt in den Knochen kann sich Kalzium in den Blutgefäßen und den elastischen Fasern in Bindegewebe und Lunge ablagern, wo es zu einem verstärkten Abbau der elastischen Fasern beitragen kann. Nierensteine oder Nierenverkalkung können ebenfalls eine Folge sein. Nehmen Sie Vitamin D3 vorzugsweise in Kombination mit Vitamin K2 ein.

Vitamin K und Vitamin E teilen sich eine Reihe von Stoffwechselwegen, darunter den Transport im Blut und die Ausscheidung über die Galle. Eine hohe Zufuhr von Vitamin E (>800 IE pro Tag) in Verbindung mit einem niedrigen Vitamin-K-Status kann zu einer Beeinträchtigung der Blutgerinnung führen.(5)

Erläuterung der Begriffe

Angemessene Zufuhr: die niedrigste bekannte Menge eines Nährstoffs, die für fast alle Individuen einer bestimmten Bevölkerungsgruppe ausreicht. Auch: Adequate Intake, AI.
Gas6: Growth arrest-specific gene-6, ein Vitamin-K-abhängiges Protein, das in Abwehrzellen und Deckgewebezellen gebildet wird.
Halbwertszeit: Zeit, die benötigt wird, um die Menge einer vorhandenen Substanz zu halbieren. Sie ist ein Maß für die Geschwindigkeit, mit der ein Wirkstoff aus dem Körper verschwindet.
Interleukin-6: Zytokin, das als Reaktion auf Gewebeschäden und (virale) Infektionen produziert wird und an der Aktivierung und Regulation der Immunantwort beteiligt ist.
Knochenumsatz: das dynamische Gleichgewicht zwischen Knochenaufbau und Knochenabbau.
Matrix-GLA-Protein: ein Vitamin-K-abhängiges Protein, das in weichen Geweben wie Knorpel, Blutgefäßen, Nieren, Lunge und Milz gebildet wird und die Kalziumablagerung in weichen Geweben hemmt.
Osteocalcin: ein Vitamin-K-abhängiges Protein, das von Osteoblasten in Knochengewebe und Gebiss produziert wird und die Bildung und Mineralisierung von Knochen- und Zahngewebe reguliert.
Zytokine: Stoffe, die als Botenstoffe eine Rolle bei der Hemmung oder Aktivierung von Zellen des Immunsystems spielen.

Literaturverweise

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Mehr Informationen über die Anwendungen und wissenschaftlichen Hintergründe von Vitamin K2 finden Sie in den umfangreichen Übersichtsartikeln ‘Vitamin K2, mehr Klarheit über die Prävention von Osteoporose und Herz-Kreislauf-Erkrankungen’ und ‘Vitamin K hat viel mehr essenzielle Funktionen als nur die Blutgerinnung’.

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