Es liegt auf der Hand, wird aber nicht ausreichend thematisiert: Bei einer (neuen) Viruskrankheit wie COVID-19 ist es wichtig, ein starkes und ausgeglichenes Immunsystem anzustreben, um das Risiko einer Infektion, eines schweren Krankheitsverlaufs und verbleibender Symptome möglichst gering zu halten.(1) Darüber hinaus kann ein gut funktionierendes Immunsystem die Wirksamkeit einer Impfung erhöhen. Eine gesunde, abwechslungsreiche Ernährung, die zusätzliche Einnahme relevanter Nahrungsergänzungsmittel und Pflanzenpräparate sowie regelmäßige Bewegung und die Gewährleistung von ausreichend Ruhe und nicht zu viel Stress tragen zur natürlichen Resistenz gegen virale Infektionskrankheiten wie COVID-19 bei.(2-6) Dieser Artikel beschreibt, wie verschiedene essentielle Nährstoffe (Vitamin A, C, D und K2, Selen und Zink) und der Pflanzenstoff Quercetin die Widerstandskraft gegen COVID-19 erhöhen.
COVID-19 (Coronavirus disease 2019), im Volksmund als Corona bezeichnet, wird durch das Beta-Coronavirus SARS-CoV-2 (severe acute respiratory syndrome coronavirus 2) verursacht. Der Krankheitsverlauf ist von Mensch zu Mensch sehr unterschiedlich (siehe Tekstkader 1). Die meisten Menschen haben nach der Infektion keine oder nur leichte Beschwerden. Schätzungsweise wurden etwa 7 % der Deutschen, die sich zu Beginn der Pandemie infiziert hatten (mit einem Test bestätigt), so krank, dass ein Krankenhausaufenthalt notwendig wurde. (175,176) In Wirklichkeit ist dieser Prozentsatz wahrscheinlich niedriger, da nicht alle Infizierten getestet wurden.(177)
In Deutschland liegt der Infizierten-Verstorbenen-Anteil (engl.: infection fatality rate – IFR, umgangssprachlich: die Infektionssterblichkeitsrate) für die Gesamtbevölkerung bei etwa 0,21-0,25 % und bei Menschen unter 70 Jahren bei 0,00-0,03 %.(7) Die IFR steigt mit dem Alter, aus den Niederlanden sind zum Beispiel die folgenden Zahlen bekannt: IFR 0,13 % bei 50-59 Jahren; 0,61 % bei 60-69 Jahren; 3,24 % bei 70-79 Jahren; 12,4 % bei 80+ Jahren.(8) Diese Raten gelten für frühere Virusvarianten. Die jetzt vorherrschende, hoch ansteckende Virusvariante Omikron verursacht in der Regel mildere Symptome. Omikron hält sich hauptsächlich in den oberen Atemwegen auf und ist bei der Infektion von Lungengewebe weniger effektiv als frühere Virusvarianten.(9) Ein schwerer Krankheitsverlauf ist dennoch nicht auszuschließen. Für die Anfälligkeit für SARS-CoV-2, die Geschwindigkeit und das Ausmaß der Virusausbreitung im Körper und den Schweregrad der Symptome sind erbliche Faktoren und der Gesundheitszustand einer Person bestimmend.(10) Risikogruppen für das besorgniserregende Voranschreiten der Krankheit sind ältere Menschen, Menschen mit chronischen (entzündlichen) Erkrankungen wie Fettleibigkeit, Diabetes mellitus, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, chronischen Atemwegs- oder Lungenproblemen, neurodegenerativen Erkrankungen, Krebs, Leber- und Nierenerkrankungen, Schwangere sowie Menschen, die rauchen, Immunsuppressiva einnehmen und/oder schwere Immunstörungen haben.(11-14) Männer erkranken häufiger schwer als Frauen.
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Tabelle 1: Klassifizierung von COVID-19 nach Krankheitsverlauf (10,15-17)
SARS-CoV-2 ist ein einzelsträngiges RNA-Virus, das die Wirtszelle infiziert, indem es virale Spike-Proteine an die Rezeptoren des Angiotensin Converting Enzyme 2 (ACE2) bindet. Nach der Infektion beginnt die Wirtszelle mit der Produktion von Virusproteinen (Replikation), aus denen sich neue Viruspartikel zusammensetzen (Assemblierung), die dann die Zelle verlassen, um neue Zellen zu infizieren (Shedding). Die Expression von ACE2-Rezeptoren ist in Lungen-, Herz-, Dünndarm-, Gefäß-, Nieren- und Blasengewebe besonders hoch.(15) SARS-CoV-2 infiziert primär die Schleimhäute (Epithelzellen) der Atemwege und des Magen-Darm-Trakts.
In den (unteren) Atemwegen bilden die Schleimhäute (Epithelzellen, Schleimschicht, Flimmerhärchen), Makrophagen, NK-Zellen (natürliche Killerzellen) und dendritischen Zellen die erste Abwehrlinie gegen Viren.(10) Nach der Infektion mit SARS-CoV-2 beginnen die Epithelzellen mit der Produktion von Typ-I-Interferon (IFN-I), das die Virusreplikation stark hemmt, andere antivirale Mechanismen aktiviert und das angeborene (unspezifische) und erworbene (spezifische) Immunsystem alarmiert.(10,18) Unspezifische Immunzellen (insbesondere Makrophagen, dendritische Zellen und NK-Zellen) produzieren Typ-I- und Typ-II-Interferone (die antivirale und immunregulatorische Wirkungen haben) sowie proinflammatorische Zytokine, Eicosanoide und Chemokine. Die Aktivierung des NLRP3 (NOD-, LRR- and pyrin domain-containing protein 3)-Inflammasoms in (Immun-)Zellen spielt eine zentrale Rolle bei der Entzündungsreaktion und wird durch SARS-CoV-2 angestoßen.(19) Die proinflammatorischen Mediatoren rufen Neutrophile, Monozyten und Mastzellen an den Ort der Infektion. Infizierte Zellen können von Makrophagen, Neutrophilen, Monozyten, dendritischen Zellen und Mastzellen beseitigt werden. Die Entzündungsreaktion ist bei Menschen mit chronischen Entzündungskrankheiten wie Diabetes und Fettleibigkeit sowie bei älteren Menschen mit einem weniger funktionsfähigen und aus dem Gleichgewicht geratenen Immunsystem (Immunoseneszenz, Inflamm-Aging) stärker.(19,20)
Die Wirksamkeit der unspezifischen Immunreaktion bestimmt maßgeblich den Verlauf von COVID-19. Eine robuste Interferon-Antwort führt in der Regel zu einem milden Verlauf der Krankheit.(10,18) IFN-1, eine der stärksten antiviralen Substanzen, die dem Körper zur Verfügung stehen, sorgt dafür, dass die Ausbreitung des Virus im Keim erstickt wird. Eine unzureichende Interferonproduktion, wie sie bei älteren und adipösen Menschen zu beobachten ist, führt zu einer schnelleren Ausbreitung des Virus, zu mehr Entzündungen und zu einem erhöhten Risiko eines schweren Krankheitsverlaufs.(21)
Die (virus-)spezifische T-Zell-Reaktion kommt nach der Präsentation von SARS-CoV-2 durch dendritische Zellen und Makrophagen in Gang. CD4+- und CD8+-T-Zellen spielen dabei eine zentrale Rolle. CD4+-T-Zellen (T-Helferzellen) stimulieren B-Lymphozyten zur Produktion virusspezifischer Antikörper (IgM, IgG, IgA). CD8+-T-Zellen (T-Killerzellen, zytotoxische T-Zellen) beseitigen infizierte Zellen und reduzieren die Viruslast.(14,15) Das Durchlaufen von COVID-19 führt zu einer schützenden humoralen Immunität (Antikörper, B-Gedächtniszellen) und zellulären Immunität (CD4+- und CD8+-T-Gedächtniszellen). Die Wahrscheinlichkeit einer erneuten Infektion sinkt für längere Zeit um 80,5-99,9 %.(22) Eine schützende Immunität wurde auch nach einer leichten COVID-19-Infektion nachgewiesen.(154) Menschen, die eine natürliche Infektion durchgemacht haben, sind mindestens genauso gut vor einer erneuten Infektion geschützt wie Menschen, die gegen COVID-19 geimpft wurden.(22)
COVID-19 kann als eine systemische Entzündungskrankheit betrachtet werden.(23) In der Regel ist der Krankheitsverlauf leicht, und die Symptome verschwinden nach etwa einer Woche aufgrund einer schnellen, effektiven und ausgewogenen Immunreaktion. Bei einem Teil der Menschen mit COVID-19 kommt es in der zweiten Krankheitswoche zu einer Verschlimmerung der Krankheit (zweite Phase von COVID-19). Während das Immunsystem nicht in der Lage ist, die rasche Ausbreitung des Virus zu stoppen und infizierte Zellen zu beseitigen, entgleist das angeborene Immunsystem, vermutlich zum Teil durch die Aktivierung von Mastzellen durch SARS-CoV-2.(24) Das Ergebnis ist eine systemische Hyperinflammation (ein sogenannter Zytokinsturm) mit einer unkontrollierten Produktion proinflammatorischer Zytokine (darunter TNF-alha, IL-6, IL-1-beta, IFN-alpha, IFN-gamma, IL-8, IL-17 und IL-18) durch aktivierte Neutrophile, Monozyten, Makrophagen und T-Zellen.(10,11,17,23,24)
Ein Anstieg des Th17/Treg-Verhältnisses (mehr T-Helferzellen vom Typ 17 und weniger regulatorische T-Zellen, beides CD4+-T-Zellen), wie er bei Autoimmunkrankheiten und schweren chronischen Entzündungskrankheiten zu beobachten ist, wird bei COVID-19 mit dem Fortschreiten der Krankheit, Hyperinflammation, Lungenschäden und möglicherweise Autoimmunität in Verbindung gebracht.(18,25) Im Blut schwer erkrankter COVID-Patienten wurden Autoantikörper u. a. gegen IFN-1 nachgewiesen.(26,27) Im Laufe des Krankheitsprozesses kann sich eine Lymphopenie entwickeln: Die Zahl der Lymphozyten im Blut ist stark reduziert, insbesondere die der T-Zellen (T-Zell-Depletion), was die Ausbreitung des Virus beschleunigt. Eine Zunahme der zirkulierenden Neutrophile bei gleichzeitiger Abnahme der Lymphozyten ist für eine schwere COVID-19-Erkrankung charakteristisch.(10,18)
Ebenfalls ungünstig für die Prognose sind hohe Blutspiegel von Entzündungsmarkern, darunter CRP (C-reaktives Protein), die proinflammatorischen Zytokine TNF-alpha und IL-6, D-Dimer (eine Substanz, die nach dem Abbau eines Blutgerinnsels freigesetzt wird, Prädiktor für Hyperkoagulation und Thrombose), ALT (Alanin-Aminotransferase), LDH (Laktatdehydrogenase) und Ferritin.(10,28) Eine systemische Hyperinflammation schwächt das Immunsystem und kann unter anderem zu Lymphopenie, endothelialer Dysfunktion, Hyperkoagulation (dickes Blut), Thromboembolien, ARDS und Multiorganversagen führen.(17,29) ARDS ist gekennzeichnet durch akutes Atemversagen (respiratorische Insuffizienz) mit Hypoxämie aufgrund einer akuten diffusen Entzündung, (Mikro )Thrombosen und Ödeme in der Lunge mit ausgedehnten Schäden an Kapillaren und Alveolen.(24,30-32) In der Pathophysiologie des ARDS spielen neben der Hyperinflammation auch die Dysregulation des Renin-Angiotensin-Systems (RAS) und die Hyperkoagulation eine wichtige Rolle.(33) Hyperkoagulation und Hyperinflammation verstärken sich gegenseitig. Die Hyperkoagulation wird auch durch SARS-CoV-2 stimuliert, das das Gefäßendothel infiziert hat. Eine Dysregulation des RAS, das den Blutdruck sowie den Flüssigkeits- und Elektrolythaushalt reguliert, ist für die Prognose von COVID-19 ungünstig.(34,35)
Etwa 10 % der Menschen, die COVID-19 erleiden, erholen sich nicht vollständig, sondern entwickeln gesundheitliche Langzeit- oder Spätfolgen, die als Long COVID oder Post-COVID-Syndrom bezeichnet werden.(36) Zu den Symptomen und Beschwerden von Long COVID gehören starke Müdigkeit, Kurzatmigkeit, chronischer Husten, Herzklopfen, Herzrhythmusstörungen, Myokarditis, Kopfschmerzen, Gedächtnisstörungen, periphere Neuropathie, Hypotonie, Muskelschwäche, Schwindelgefühle, Schlafstörungen, Konzentrationsprobleme, Affektstörungen (Angstzustände, Depressionen) und Geschmacks- und/oder Geruchsverlust. Faktoren wie eine anhaltende Dysfunktion des Immunsystems, Autoimmunität, Entzündungsschäden, die Persistenz von SARS-CoV-2 im Gewebe, Lungenfibrose, Funktionsstörungen des Renin-Angiotensin-Systems, langfristige Mastzellenaktivierung und Gerinnungsprobleme spielen in der Pathophysiologie von Long COVID möglicherweise eine Rolle.(36)
Das Fortschreiten der Krankheit in die zweite Phase von COVID-19 ist natürlich höchst unerwünscht, ebenso wie die Entwicklung von Long COVID. Ein gesundes, optimal funktionierendes Immunsystem ist wichtig, um das Risiko einer Infektion, eines Fortschreitens der Krankheit und einer unvollständigen Genesung so klein wie möglich zu halten. Ein wichtiger Faktor ist eine gesunde, abwechslungsreiche Ernährung. Eine Humanstudie deutet darauf hin, dass Menschen, die sich überwiegend pflanzlich ernähren, seltener eine schwere COVID-19-Erkrankung entwickeln als Menschen, die dies nicht tun.(6) Dagegen geht man davon aus, dass eine kohlenhydratarme, eiweißreiche Ernährung mit einem höheren Risiko für eine mäßige bis schwere COVID-19-Erkrankung verbunden ist.(6)
Ein Mangel an Vitamin A, B6, B12, C, D, E und K2, Selen, Zink, Magnesium, Kupfer und/oder (langkettigen) Omega-3-Fettsäuren kann die Anfälligkeit für Virusinfektionen erhöhen und den Krankheitsverlauf negativ beeinflussen.(1-5,14,37,38) Darüber hinaus tragen Viruserkrankungen zur (weiteren) Depletion essentieller Nährstoffen bei.(39) Dieser Artikel beschränkt sich auf die Rolle, die die Vitamine A, C, D und K2, Selen und Zink sowie der Pflanzenstoff Quercetin bei COVID-19 spielen. Die gesundheitlichen Wirkungen dieser Nährstoffe sind eng miteinander verknüpft. Darüber hinaus kann es Synergien geben.(40,41)
Quercetin, ein Flavonol (Untergruppe der Bioflavonoide) mit starken, vielschichtigen gesundheitlichen Wirkungen, ist unter anderem in Obst (Äpfel, Beeren, Zitrusfrüchte, rote Trauben), grünem Blattgemüse, Koriander, Dill, Liebstöckel, Zwiebeln, Buchweizen, verschiedenen Kohlarten, Oliven und grünem Tee enthalten.(42)
Präklinische und klinische Studien zeigen, dass eine Supplementierung mit Quercetin die Anfälligkeit für COVID-19 verringert und sich im Krankheitsfall günstig auf die Prognose auswirkt, insbesondere bei der Frühbehandlung von (leichtem) COVID-19, aber vermutlich auch bei schwerem COVID-19.(18,42-49) Dies ist zum Teil auf die starken antiviralen, entzündungshemmenden, immunmodulatorischen, antioxidativen, antithrombotischen, blutdrucksenkenden und zellschützenden Eigenschaften von Quercetin zurückzuführen.(45,47,50,51,168) Ein zusätzlicher Vorteil ist, dass Quercetin eine sehr sichere Substanz ist.
Bei der Supplementierung mit Quercetin stellt Quercetin in Form von Phytosomen (einer homogenen Mischung aus kleinen Quercetinpartikeln und Phospholipiden) eine gute Wahl dar.(43) Phytosomales Quercetin wird etwa 20 Mal besser aufgenommen als normales Quercetin und fand in mehreren COVID-Studien Verwendung.(43-45) In einer kürzlich durchgeführten italienischen Präventionsstudie nahmen 120 Erwachsene (37-61 Jahre) phytosomales Quercetin (zweimal täglich 250 mg über 3 Monate) oder ein Placebo ein.(43) Im Verlauf der Studie entwickelte 1 von 60 Personen in der Quercetin-Gruppe symptomatisches COVID-19, in der Placebo-Gruppe waren es dagegen 4 von 60. Die Krankheitssymptome von COVID-19 waren nach 7 Tagen (Quercetin-Gruppe) bzw. 17 Tagen (Placebo-Gruppe) vollständig abgeklungen. In einer zweiten Studie mit 152 Probanden, die mit leichtem COVID-19 zu Hause verblieben, erhielt die eine Hälfte zusätzlich zur Standardbehandlung phytosomales Quercetin (1000 mg/Tag für 30 Tage) und die andere Hälfte nur die Standardbehandlung.(44) Die Supplementierung mit Quercetin verbesserte die Prognose deutlich. In der Quercetin-Gruppe (76 Personen) wurden 7 Personen (9,2 %) ins Krankenhaus eingeliefert und blieben dort durchschnittlich 1,6 Tage. Eine Person (1,3 %) erhielt zusätzlichen Sauerstoff, aber niemand kam auf die Intensivstation und/oder starb. In der Kontrollgruppe (76 Personen) kamen 22 Personen (28,9 %) ins Krankenhaus, wo sie durchschnittlich 6,8 Tage blieben. Fünfzehn Personen (19,7 %) erhielten zusätzlichen Sauerstoff, acht (10,5 %) mussten auf die Intensivstation und drei Personen starben an den Folgen von COVID-19. Eine dritte klinische Studie an 42 Personen mit leichten COVID-19-Symptomen zeigte, dass die Einnahme von phytosomalem Quercetin (erste Woche 1500 mg/Tag, zweite Woche 1000 mg/Tag) bei der Hälfte der Probanden im Vergleich zur Kontrollgruppe zu einem signifikant schnelleren Rückgang der Symptome, einem signifikanten Rückgang der Blutspiegel prognostischer Biomarker (LDH 35,5 %, Ferritin –40 %) und einem schnelleren negativen PCR-Test führte.(45)
Wichtige Wirkmechanismen von Quercetin bei COVID-19:(12,42,47,49,52-61)
Eine Quercetin-Supplementierung kann sogar bei schwerem COVID-19 etwas bewirken. In einer Pilotstudie erhielten 30 von 60 hospitalisierten schwerkranken COVID-Patienten neben Remdesivir, Favipiravir, Dexamethason und zusätzlichen Nährstoffen (Vitamin D, Zink, Magnesium und Vitamin C) auch Quercetin (1000 mg täglich für 7 Tage).(48) Die Forscher wollten wissen, ob Quercetin das Fortschreiten in die kritische Phase hemmen und wichtige prognostische Biomarker senken kann. Die Quercetin-Supplementierung führte im Vergleich zur Kontrollgruppe zu einer signifikanten Senkung der Serumspiegel der Entzündungsmarker AP (alkalische Phosphatase), CRP und LDH, zu Verbesserungen der Hämoglobinwerte und der Atmungsfrequenz, zu einer Abnahme von Schwäche und Lethargie und zu einer schnelleren Entlassung aus dem Krankenhaus (3,1 versus 4,6 Tage nach der Woche der Quercetin-Supplementierung). Die Wahrscheinlichkeit einer Aufnahme in die Intensivstation, die Dauer der Aufnahme in die Intensivstation und die Sterbewahrscheinlichkeit sanken nahezu signifikant.(48) Die Ergebnisse dieser Pilotstudie sind vielversprechend und verdienen weitere Untersuchungen.
Andere Wissenschaftler haben vorgeschlagen, dass Quercetin zusätzlich zu oder anstelle von Dexamethason verwendet werden könnte, um den Zytokinsturm bei schwerem COVID-19 in den Griff zu bekommen.(54) Quercetin wurde auch als vielversprechender Nährstoff gegen akute Nierenschäden durch COVID-19 angeführt, unter anderem durch die Senkung der Viruslast, die Hemmung von Entzündungen, die Verringerung des oxidativen Stresses, die Zytoprotektion, die Verbesserung der Nierendurchblutung und die Hemmung von Fibrosen durch Niederregulation von TGF-beta (transforming growth factor beta).(57,65-67)
Ein guter Zinkstatus ist unter anderem wichtig für das (angeborene und erworbene) Immunsystem, das antioxidative System, das endokrine System, den Stoffwechsel, die Zellfunktion, die Gewebeerneuerung und -reparatur, die Blutgerinnung, die Gehirnfunktion, die sensorischen Funktionen (Riechen, Schmecken, Sehen) und die Barrierefunktion von Haut und Schleimhäuten (Tight Junctions, Schleim, Zilien). Verglichen mit einem guten Zinkstatus ist ein niedriger Zinkstatus bei älteren Menschen mit einem höheren Risiko für eine Lungenentzündung und einer Verdoppelung des Risikos, an einer Lungenentzündung zu sterben, assoziiert.(67) In einer klinischen Studie waren ältere Menschen (55-87 Jahre), die das ganze Jahr über zusätzlich Zink einnahmen, deutlich weniger anfällig für Infektionen.(68)
Eine Meta-Analyse von 6 placebokontrollierten Studien (2216 Teilnehmer) kam zu dem Schluss, dass die zusätzliche Behandlung einer schweren Lungenentzündung mit Zink das Sterberisiko signifikant verringert.(69) Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation leidet ein Drittel der Weltbevölkerung an Zinkmangel und ist ein Zinkmangel für 16% aller Infektionen der unteren Atemwege weltweit verantwortlich.(70)
Es gibt viele wissenschaftliche Belege dafür, dass ein niedriger Zinkstatus zu einer höheren Anfälligkeit für virale (Atemwegs-)Infektionen wie COVID-19 und einer größeren Wahrscheinlichkeit einer unzureichenden antiviralen Immunreaktion und eines ungünstigen Krankheitsverlaufs führt.(14,70-81) Verschiedene Risikogruppen für eine schwere COVID-19-Erkrankung (darunter ältere Menschen, Menschen mit Adipositas, Diabetes, COPD, Asthma, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Leberzirrhose, chronischen Nierenerkrankungen, HIV und (anderen) chronischen Entzündungskrankheiten) unterliegen auch dem Risiko eines Zinkmangels; eine Überwachung des Zinkstatus ist bei ihnen sinnvoll. Eine rechtzeitige (vorzugsweise präventive) Verbesserung des Zinkstatus kann die Prognose von COVID-19 signifikant verbessern.(70,82) Der normale Zink-Serumspiegel liegt bei 80-130 µg/dl.
Mehrere Humanstudien (Beobachtungsstudien) haben den Zusammenhang zwischen dem Zinkstatus und dem Verlauf von COVID-19 untersucht. Zinkmangel ist mit einem höheren Risiko für Lungenentzündung, Hospitalisierung, längere Hospitalisierungsdauer, einen schweren Krankheitsverlauf (einschließlich ARDS, bakterielle Superinfektion) und Tod verbunden.(37,73,75,77-79) In einer prospektiven Studie blieben alle COVID-Patienten, die bei der Krankenhausaufnahme einen guten Zinkstatus hatten (Nüchternzinkspiegel >/- 80 µg/dl), am Leben.(79) Dagegen starben 18,5% der COVID-Patienten, die bei der Aufnahme ins Krankenhaus einen Zinkmangel (Nüchternzinkspiegel < 80 µg/dl) aufwiesen. Der Zinkmangel war mit mehr Komplikationen wie Hypotonie und ARDS sowie einer längeren Krankenhausverweildauer assoziiert.(79)
In einer Patienten-Kontrollstudie mit 120 hospitalisierten COVID-Patienten war der Zinkspiegel bei Patienten, die zusätzlichen Sauerstoff erhielten, signifikant niedriger als bei Patienten, die keinen Sauerstoff benötigten.(71) In einer prospektiven Kohortenstudie (139 COVID-Patienten) in einer Universitätsklinik in Brüssel stellten die Forscher fest, dass 96 % der COVID-Patienten einen Zinkmangel hatten (Zinkspiegel < 80 µg/dl).(73) Der Zinkspiegel lag im Durchschnitt bei 57 µg/dl, in der Kontrollgruppe ohne COVID-19 waren es dagegen 74 µg/dl. Dabei war der Zinkspiegel bei COVID-Patienten mit Zytokinsturm im Durchschnitt um 5 µg/dl niedriger als bei COVID-Patienten ohne diese schwere Komplikation.(73) In einer retrospektiven Studie mit Daten aus der EPIC-Studie (European Prospective Investigation into Cancer and Nutrition) starben 21 (8 %) von 249 ins Krankenhaus eingelieferten COVID-Patienten.(77) Ihr Zink-Plasmaspiegel (Mittelwert 43 µg/dl) war signifikant niedriger als der Zinkspiegel (63,1 µg/dl) von Personen, die sich von COVID-19 erholten. Im Vergleich zu einem Zinkspiegel bei der Krankenhausaufnahme von über 50 µg/dl war ein Zinkspiegel von weniger als 50 µg/dl mit einem 2,3-mal höheren Risiko verbunden, im Krankenhaus zu sterben.(77) Eine andere Studie zeigte ebenfalls einen signifikanten Zusammenhang zwischen einem Zinkmangel und einem erhöhten Sterberisiko durch COVID-19. Bei fünfzig Prozent der verstorbenen COVID-Patienten wurde außerdem ein gleichzeitiger Zink- und Selenmangel festgestellt, während dies nur bei 22,6 % der genesenen COVID-Patienten und bei weniger als 0,25 % der gesunden Kontrollpersonen der Fall war.(78) Eine Studie aus Gent kam ebenfalls zu dem Schluss, dass das Mortalitätsrisiko bei COVID-Patienten, die bei der Krankenhausaufnahme einen Zink- und Selenmangel aufwiesen, erhöht war.(14) Dabei handelte es sich hauptsächlich um Patienten mit Adipositas, Diabetes, Krebs und/oder chronischen Herzerkrankungen.
Wichtige Wirkmechanismen von Zink bei COVID-19:(53,70,73,74,76,79,81-86,173)
Vitamin A (Retinol) ist nach Umwandlung in die aktive (hormonelle) Form ATRA (all-trans-Retinsäure, Retinsäure) unter anderem wichtig für die Genexpression, die Zellteilung und Zelldifferenzierung, den Stoffwechsel, die Qualität der Schleimhäute und des Epithelgewebes (Barrierefunktion, Gewebereparatur), die Lungenfunktion, den antioxidativen Status und die (angeborene, erworbene) Immunität gegen Infektionen, (virale) Infektionen der Atemwege eingeschlossen.(26,87) Ein verminderter Vitamin-A-Status erhöht wahrscheinlich die Anfälligkeit für COVID-19 und eine (weitere) Vitamin-A-Depletion durch COVID-19 erhöht das Komplikations- und Sterberisiko.(20,87-89,172)
Bei COVID-19 ist ein guter Vitamin-A-Status von dem Moment an wichtig, in dem eine Person mit dem SARS-CoV-2-Virus in Kontakt gekommen ist:(26,87-94,172)
In einer spanischen Beobachtungsstudie mit 120 schwerkranken COVID-Patienten stellte sich heraus, dass 71,7 % von ihnen einen Vitamin-A-Mangel aufwiesen, 74,3 % einen Vitamin-D-Mangel, 100 % einen Vitamin-C-Mangel, 74,2 % einen Zinkmangel, 42,5 % einen Vitamin-B6-Mangel und 5,8 % einen Vitamin-E-Mangel.(37) Der Vitamin-A-Mangel und der Zinkmangel waren signifikant mit einem höheren Risiko assoziiert, auf die Intensivstation eingeliefert zu werden. Der Vitamin-A-Mangel war außerdem mit einer höheren Wahrscheinlichkeit für mechanische Beatmung, Bauchlagerung und bakterielle Superinfektionen assoziiert.(37)
In einer kleinen Humanstudie waren unter anderem die Plasmakonzentrationen von Vitamin A, Vitamin C, Selen und Zink bei COVID-Patienten deutlich niedriger als bei gesunden Kontrollpersonen. Von den COVID-Patienten hatten 58 % einen Vitamin-A-Mangel.(95)
In einer deutschen prospektiven Beobachtungsstudie wurden die Vitamin-A-Plasmaspiegel von 40 hospitalisierten Patienten mit leichter, mittelschwerer oder schwerer COVID-19-Erkrankung mit denen von 47 Kontrollpersonen verglichen, die sich von COVID-19 erholt hatten.(87) Im Vergleich zu den Kontrollpersonen war der Vitamin-A-Spiegel bei den COVID-Patienten signifikant niedriger. Ein niedriger Vitamin-A-Spiegel korrelierte signifikant mit Lymphopenie und hohen Werten der Entzündungsmarker CRP und Ferritin. Schwerkranke COVID-Patienten hatten signifikant niedrigere Vitamin-A-Werte als mittelgradig kranke COVID-Patienten. Vitamin-A-Mangel (Retinolspiegel < 20 µg/dl) war signifikant mit ARDS und Sterblichkeit verbunden. Die Normalwerte für Retinol liegen bei 28 bis 86 µg/dl (1-3 µmol/l). Die Untersuchungsergebnisse legen nahe, dass der niedrige Vitamin-A-Spiegel (teilweise) eine Folge des Krankheitsprozesses ist.(87) Schließlich ist bekannt, dass der Vitamin-A-Spiegel bei akuten Infektionen und Entzündungen sinkt. In der Studie war der Vitamin-A-Spiegel invers mit dem Schweregrad der Viruserkrankung korreliert, und die genesenen Kontrollpersonen hatten normale Vitamin-A-Spiegel.(87) Dabei ist Vitamin-A-Mangel in Deutschland relativ selten.
Vitamin D ist zweifellos die am häufigsten genannte und am besten erforschte (diätetische) Substanz im Zusammenhang mit COVID-19. Es gibt inzwischen substanzielle wissenschaftliche Belege dafür, dass ein niedriger Vitamin-D-Status ein unabhängiger Risikofaktor für eine COVID-19-Infektion, einen schweren Krankheitsverlauf und den Tod durch COVID-19 ist.(34,96-106,170) Ein guter Vitamin-D-Status (mindestens 75 nmol/l, vorzugsweise 100-150 nmol/l) vor und während der Exposition gegenüber SARS-CoV-2 ist daher wünschenswert, insbesondere bei Risikogruppen für schwere COVID-19-Verläufe, also bei älteren Menschen und Menschen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes und/oder Adipositas.(34,99,104,107-109) In einer US-amerikanischen retrospektiven Beobachtungsstudie mit 191.779 Teilnehmern war die Wahrscheinlichkeit, sich mit SARS-CoV-2 zu infizieren (positiver PCR-Test), bei Personen mit einem Calcidiolspiegel um 50 ng/ml (125 nmol/l) am geringsten.(99)
Im menschlichen Körper vorhandenes Vitamin D (Cholecalciferol) wird während eines Teils des Jahres unter dem Einfluss von Sonnenlicht (UV-B) in der Haut gebildet oder es stammt aus der Nahrung oder Nahrungsergänzungsmitteln. Die biologisch aktive, hormonelle Form (Calcitriol), die nach Bindung an die Vitamin-D-Rezeptoren (VDR) wirksam ist, wird nach der Umwandlung von Vitamin D in der Leber (zu 25-Hydroxyvitamin D/Calcidiol) bzw. in den Nieren (zu 1,25-Dihydroxyvitamin D/Calcitriol) gebildet.
Wichtige Wirkmechanismen von Vitamin D bei COVID-19:(26,33,34,97,101,105,106,100-115,165)
Viele Beobachtungsstudien am Menschen haben einen signifikanten Zusammenhang zwischen einem niedrigen Vitamin-D-Status und dem Risiko einer SARS-CoV-2-Infektion sowie einem ungünstigen oder gar tödlichen Verlauf von COVID-19 festgestellt.(34,99,100,103,104,114,116-119) In einer Bevölkerungsstudie mit Daten aus 20 europäischen Ländern fanden die Forscher heraus, dass der durchschnittliche Calcidiol-Blutspiegel der Einwohner eines Landes signifikant invers mit dem Auftreten von COVID-19 und dem Risiko, an COVID-19 zu sterben, assoziiert war.(117) Ältere Menschen, die am stärksten gefährdete Gruppe gegenüber COVID-19, haben aufgrund einer geringeren endogenen Vitamin-D-Synthese niedrigere durchschnittliche Calcidiolwerte als andere Erwachsene. Der Calcidiolwert älterer Menschen in Italien liegt im Durchschnitt bei 28 nmol/l, in Spanien bei 26 nmol/l und in der Schweiz bei 23 nmol/l (ältere Menschen in Pflegeheimen).(117,120) In Europa haben 40,4 % der Bevölkerung einen Calcidiolspiegel < 50 nmol/l und 66-97 % (85-88 % in Deutschland) einen Calcidiolspiegel < 75 nmol/l.(121)
Eine andere Bevölkerungsstudie (88 Länder) korrelierte eine niedrige Sonnenlichtexposition, wobei die Entfernung vom Äquator zur Berechnung der durchschnittlichen Exposition herangezogen wurde, mit einer hohen Sterblichkeitsrate durch COVID-19.(122)
Interventionsstudien, in denen die Wirkung einer Vitamin-D-Supplementierung auf den Krankheitsverlauf untersucht wurde, haben keine eindeutigen Ergebnisse erbracht.(34,97,105,111,113,123-125,171)
Zwei klinische Studien deuten darauf hin, dass eine präventive Vitamin-D-Supplementierung bei gebrechlichen älteren Menschen mit COVID-19, die in einem Pflegeheim leben, zu einer weniger schweren Verlaufsform der Krankheit und einem geringeren Sterberisiko führt.(123,124) In der ersten Studie mit 66 gebrechlichen älteren Menschen mit COVID-19, die regelmäßig zusätzliches Vitamin D einnahmen, starben 17,5 % derjenigen Älteren, die im Monat vor oder in der ersten Woche nach der Infektion 80.000 IE Vitamin D erhalten hatten. In der Kontrollgruppe, die in letzter Zeit kein zusätzliches Vitamin D erhalten hatte, starben 55,6 % der älteren Menschen.(123) In der zweiten Studie mit 77 stationär aufgenommenen gebrechlichen älteren Menschen mit COVID-19 hatte ein Teil (Gruppe 1) während des gesamten vergangenen Jahres jeden Monat 50.000 IE Vitamin D oder alle 2-3 Monate 80.000 oder 100.000 IE Vitamin D erhalten, ein Teil (Gruppe 2) nahm kein zusätzliches Vitamin D ein, erhielt aber innerhalb weniger Stunden nach der Diagnose 80.000 IE Vitamin D (oral), und der Rest fungierte als Kontrolle.(124) Nur in Gruppe 1 waren die älteren Menschen deutlich weniger schwer krank, und auch die Sterblichkeitsrate war signifikant niedriger als in der Kontrollgruppe. Die Studie deutet darauf hin, dass insbesondere eine präventive Vitamin-D-Supplementierung vor einem schweren Krankheitsverlauf und Mortalität schützt.
In einer randomisierten klinischen Studie hatte eine einmalige hohe Dosis Vitamin D (200.000 IE) im Vergleich zu Placebo bei 240 COVID-Patienten (Durchschnittsalter 56 Jahre), die wegen mittelschwerer bis schwerer COVID-19 ins Krankenhaus eingeliefert worden waren, keine signifikante Auswirkung auf die Verweildauer und das Risiko, auf die Intensivstation verlegt zu werden, mechanisch beatmet zu werden und zu sterben.(125) Die Supplementierung mit Calcidiol ist möglicherweise wirksamer als die Supplementierung mit Cholecalciferol. In einer spanischen Pilotstudie mit 76 hospitalisierten COVID-Patienten führte eine Calcidiol-Supplementierung (0,532 mg am Aufnahmetag, 0,266 mg an Tag 3 und Tag 7 und danach einmal wöchentlich) zu einem raschen Anstieg des Calcidiolspiegels.(113) Von den 50 Patienten, die Calcidiol einnahmen, wurde 1 auf die Intensivstation verlegt (2 %), wohingegen dies bei 13 von 26 Kontrollpersonen (50 %) der Fall war. In der Calcidiol-Gruppe starb niemand, in der Kontrollgruppe starben 2 Personen.
Aufgrund der unterschiedlichen Ergebnisse in randomisierten klinischen Studien gilt ein kausaler Zusammenhang zwischen einem niedrigen Vitamin-D-Status und einem ungünstigen Ausgang der COVID-19-Erkrankung nicht als gesichert. Eine Erklärung könnte sein, dass Vitamin D zu spät im Krankheitsprozess oder in einer zu niedrigen Dosis zugeführt wurde. Darüber hinaus ist die Vitamin-D-Aktivität von Vitamin A abhängig (und umgekehrt), und Vitamin D und Vitamin A haben einen synergistischen Einfluss auf die angeborene und erworbene Immunantwort.(26,106,126) Eine Vitamin-D-Supplementierung ist bei einer durch COVID-19 verursachten Vitamin-A-Depletion möglicherweise nicht ausreichend wirksam.(26) Außerdem kann eine hochdosierte Vitamin-D-Supplementierung bei einem niedrigen Vitamin-K2-Status eine unerwünschte Nebenwirkung haben: Der Körper nimmt mehr Calcium auf, das nicht im Knochengewebe, sondern in Weichteilen wie dem Lungen- und Gefäßgewebe abgelagert wird.(127)
Trotz der nicht schlüssigen wissenschaftlichen Beweislage, dass Vitamin D vor (schwerem) COVID-19 und letalem Ausgang schützt, ist es ratsam, auf den Vitamin-D-Status zu achten.(34)
Dass Vitamin C für die Abwehrkräfte wichtig ist, ist allgemein bekannt. Ein niedriger Vitamin-C-Spiegel oder Vitamin-C-Mangel erhöht die Anfälligkeit für Virusinfektionen wie COVID-19, wirkt sich negativ auf den Krankheitsverlauf aus und erhöht das Sterberisiko.(38,40,128-134) Epidemiologische Studien haben gezeigt, dass ein Vitamin-C-Mangel (Vitamin-C-Spiegel < 23 µmol/l) oder ein unzureichender Vitamin-C-Status (< 50 µmol/l) bei Menschen in europäischen Ländern, regelmäßig auftritt.(38) Außerdem wird bei einer Infektionskrankheit wie COVID-19 mehr Vitamin C verbraucht und der Vitamin-C-Status sinkt weiter, wenn das Vitamin C nicht ausreichend nachgeliefert wird.(40,128,134) Siebzig bis einhundert Prozent der schwerkranken COVID-Patienten haben einen Vitamin-C-Mangel.(37,134,135) In einer prospektiven Studie wiesen 31 COVID-Patienten einen schweren Vitamin-C-Mangel auf (11,4 µmol/l gegenüber 52 µmol/l bei gesunden Kontrollpersonen). Der Vitamin-C-Spiegel normalisierte sich (76 µmol/l) durch eine intravenöse Vitamin-C-Supplementierung (100 mg/kg/Tag).(136) Pharmakokinetische Studien mit Patienten in kritischem Zustand haben gezeigt, dass eine intravenöse Verabreichung von Vitamin C notwendig ist, um den Vitamin-C-Plasmaspiegel innerhalb normaler Grenzen zu halten.(38) Die Normalisierung des Vitamin-C-Spiegels verkürzt die Aufenthaltsdauer auf der Intensivstation um durchschnittlich 8 %, so das Ergebnis einer Meta-Analyse von 12 klinischen Studien (1766 Patienten).(137) Das chinesische Shanghai Expert Panel hat Vitamin C (100 mg/kg/Tag, intravenös verabreicht) in das Behandlungsprotokoll von COVID-19 aufgenommen.(174)
Wichtige Wirkmechanismen von Vitamin C bei COVID-19:(5,12,38,40,46,129-131,138,139)
Eine Vitamin-K2-Supplementierung kann eine bedeutsame Rolle bei der Prävention und Behandlung von COVID-19 spielen.(140) Die bekannteste Funktion von Vitamin K (K1 und K2) ist die Aktivierung (durch Hinzufügen einer COOH- oder Carboxylgruppe) von Gerinnungsfaktoren in der Leber. Weniger bekannt ist, dass Vitamin K2 auch das (extrahepatische) gerinnungshemmende Protein S aktiviert, das vom Gefäßendothel produziert wird und lokale Thrombosen verhindert.(141) Bei einem verminderten Vitamin-K2-Status oder Vitamin-K-Mangel, wie er bei COVID-Patienten häufig vorkommt, kann Protein S teilweise inaktiv sein, was das empfindliche Gleichgewicht zwischen Koagulation und Antikoagulation stört und das Risiko von Thromboembolien erhöht.(143,150)
Da Gerinnungsfaktoren, die eine Blutung zum Stillstand bringen, den Unterschied zwischen Leben und Tod ausmachen können, hat die Aktivierung der Gerinnungsfaktoren die höchste Priorität für Vitamin K. Daher werden die Gerinnungsfaktoren in der Leber immer vollständig durch Vitamin K carboxyliert, selbst bei einer geringen Vitamin-K-Aufnahme, so dass sie bei Bedarf sofort wirksam sind. Eine Vitamin-K-Supplementierung führt daher nicht zu einer erhöhten Gerinnungsneigung.
Vitamin K2 hat eine antioxidative und entzündungshemmende Wirkung, die von seiner Rolle als Cofaktor von Vitamin-K-abhängigen Proteinen unabhängig ist.(127,140,142-146) Vitamin K2 hemmt den durch SARS-Cov-2 induzierten proinflammatorischen NF-kappa-B-Signalweg.(140,147) Dies führt unter anderem zu einer Verringerung der Expression des proinflammatorischen Zytokins IL-6, das bei der durch COVID-19 induzierten Lungenentzündung und bei Hyperinflammation/ Zytokinsturm eine zentrale Rolle spielt.(140) Die IL-6-Produktion durch Immunzellen wird auch durch die Vitamin-K2-abhängigen Proteine Protein S und Gas6 (growth arrest-specific protein 6) reduziert.(140,142-145) Forscher vermuten, dass Protein S zur Verhinderung des Zytokinsturms durch COVID-19 beiträgt.(140)
MGP (Matrix-Gla-Protein), das die elastischen Fasern in der Lunge und den Blutgefäßen vor dem Abbau durch Kalziumablagerungen und/oder Entzündungen schützt, funktioniert nur nach Aktivierung (Carboxylierung) durch Vitamin K2. Bei COPD-Patienten wurde festgestellt, dass ein niedriger Vitamin-K2-Status mit einem verstärkten Elastinabbau einhergeht; eine höhere Vitamin-K2-Zufuhr könnte das Fortschreiten der Krankheit verhindern.(148,149) Bei einer COVID-19-Pneumonie produziert der Körper mehr MGP, um das Lungengewebe zu schützen, was mit einem erhöhten Vitamin-K2-Verbrauch einhergeht.
Der Vitamin-K2-Status ist bei COVID-Patienten niedriger als bei gesunden Kontrollpersonen, und der Vitamin-K2-Status bei COVID-Patienten steht in umgekehrtem Zusammenhang mit dem Schweregrad der Erkrankung, dem Risiko, auf die Intensivstation eingeliefert zu werden, beatmet zu werden und/oder zu sterben.(141,143,145,150) Dies sind die Ergebnisse zweier klinischer Studien aus den Niederlanden und Dänemark.(143,150) Der Vitamin-K2-Status bei COVID-Patienten stand in umgekehrtem Zusammenhang mit dem IL-6-Spiegel, und der IL-6-Spiegel war (positiv) mit dem Elastinabbau assoziiert.(127,143,150) Die Forscher vermuten, dass ein pathologisch gesteigerter Vitamin-K2-Verbrauch aufgrund einer Lungenentzündung zu mehr Entzündungen, mehr Lungenschäden und einer Abnahme der Lungenfunktion, mehr Schäden an den Blutgefäßen und einem größeren Risiko für eine Thromboembolie führt.(140,141,150) Folgestudien sollen zeigen, ob eine (präventive) Vitamin-K2-Supplementierung die Prognose von COVID-19 verbessert. Mehrere Risikogruppen für eine schwere COVID-19-Erkrankung (Menschen mit Adipositas, Diabetes, Bluthochdruck und kardiovaskulären Erkrankungen) sind auch dem Risiko einer (schweren) Vitamin-K2-Insuffizienz ausgesetzt.(140,141,145,151-153) Übrigens hat ein erheblicher Anteil aller Erwachsenen einen suboptimalen Vitamin-K2-Status.(127,155)
Das Spurenelement Selen ist als Bestandteil von etwa 25 Selenoproteinen, darunter (antioxidative) Glutathionperoxidasen (GPXs) und Thioredoxinreduktasen (TXNRDs), für die Gesundheit unerlässlich.(4,39) Selenoproteine spielen unter anderem eine Rolle bei der antioxidativen Abwehr, der Signalübertragung in Zellen, der Proliferation und Aktivierung von Immunzellen und dem Selentransport im Körper.(156) Auf Grundlage präklinischer Studien und eines systematischen Reviews von 11 Beobachtungsstudien am Menschen kann der Schluss gezogen werden, dass ein niedriger Selenstatus mit einer größeren Anfälligkeit für COVID-19, einer höheren Viruslast, einem ungünstigeren Krankheitsverlauf, mehr (Organ-)Schäden und einer erhöhten Sterblichkeit einhergeht.(4,156-159,169)
Wichtige Wirkmechanismen von Selen bei COVID-19:(4,14,39,156-159,160-164)
Der Selengehalt im Boden und im Grundwasser – und damit auch in der Nahrung – ist in einzelnen Regionen sehr verschieden. In den Niederlanden zum Beispiel liegt die Selenaufnahme über die Nahrung bei 45-50 µg/Tag. Der normale Selenbedarf beträgt etwa 1 µg/kg/Tag und die sichere Aufnahmeobergrenze liegt bei 300 µg/Tag.(156,166) Eine chinesische Bevölkerungsstudie fand einen signifikanten positiven Zusammenhang zwischen dem Selengehalt im Kopfhaar (Indikator für die tägliche Selenzufuhr) von COVID-Patienten aus 17 Städten und der Wahrscheinlichkeit, von COVID-19 zu genesen.(157,159) In der selenarmen Provinz Hubei starben 3,0 % der COVID-Patienten, in anderen Provinzen waren es 0,6 %.(157) In der selenarmen Provinz Heilongjiang lag die IFR (Infektionssterblichkeitsrate, engl.: infection fatality rate) bei 2,4 % im Vergleich zu 0,5 % in anderen Provinzen.(157) Eine zweite chinesische Bevölkerungsstudie mit 14.045 COVID-Patienten aus 147 Städten ergab einen signifikanten umgekehrten Zusammenhang zwischen der IFR und dem Selengehalt in Nahrungspflanzen oder im Boden.(158) Finnland und Schweden haben beide einen selenarmen Boden. Anders als in Schweden wird in Finnland dem (Kunst-)Dünger Selen zugesetzt. In der finnischen Bevölkerung führte diese Maßnahme zu einem um 55% höheren Selen-Blutspiegel. Die Tatsache, dass bis Juli 2020 in Schweden zehnmal mehr Menschen (als Prozentsatz der Gesamtbevölkerung) an COVID-19 starben als in Finnland, könnte teilweise auf den niedrigeren Selenstatus in Schweden zurückzuführen sein.(167)
In einer Beobachtungsstudie in Gent war die Sterblichkeitsrate bei COVID-Patienten mit einem Selen-Blutspiegel < 55,2 µg/l bei Krankenhausaufnahme signifikant erhöht.(14) Die Forscher schlagen vor, den derzeitigen Grenzwert für Selenmangel (Serum- oder Plasmaspiegel von 20 µg/l), der auf die Prävention der durch eine Infektion mit dem Coxsackievirus verursachten Kardiomyopathie abzielt, zu überarbeiten.
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