Kreatin findet in der wissenschaftlichen Forschung zunehmende Beachtung, denn es gibt immer mehr Beweise für seine positiven Auswirkungen auf die Gesundheit. Obwohl Kreatin als Nahrungsergänzungsmittel in der Sportwelt weithin für seine Fähigkeit bekannt ist, die fettfreie Körpermasse zu erhöhen, die Muskelkraft zu verbessern und die Trainingseffektivität zu steigern, bleibt es außerhalb dieses Kontextes relativ unbeachtet. Weniger bekannt sind zum Beispiel die positiven Auswirkungen von Kreatin auf andere Aspekte der Gesundheit wie kognitive Funktionen, Blutfette, Homocysteinspiegel und oxidativen Stress. Es gibt Hinweise (hauptsächlich aus Tierstudien), dass Kreatin antioxidative und entzündungshemmende Eigenschaften besitzt. Die Forschung deutet darauf hin, dass eine relativ geringe tägliche Zufuhr von Kreatin, beispielsweise drei Gramm pro Tag, während des gesamten Lebens einen gesundheitlichen Nutzen haben kann. Diese Ergebnisse unterstreichen das Potenzial von Kreatin als nützliche Ergänzung nicht nur für Sportler, sondern auch für die Gesundheit im Allgemeinen.
Kreatin (α-Methylguanidinoessigsäure) ist ein organisches stickstoffhaltiges Molekül, das in allen Wirbeltieren natürlicherweise vorkommt (siehe Abbildung 1). Der Name Kreatin stammt von dem griechischen Wort kreas, das Fleisch bedeutet. Kreatin spielt im Energiestoffwechsel der Zelle eine Schlüsselrolle. Es ist daher hauptsächlich in Geweben zu finden, die viel Energie verbrauchen wie z. B. Skelettmuskeln, Herzmuskel, Gehirn und Fortpflanzungsorgane, sowie im Immunsystem. Kreatin ist ein semi-essentieller Nährstoff. Der Körper kann selbst Kreatin produzieren, aber unter bestimmten physiologischen und pathologischen Bedingungen wie z. B. bei Stress oder Krankheit reicht dies nicht aus, um den Bedarf zu decken.(1)
Abbildung 1: Strukturformel von Kreatin
Die Synthese von Kreatin erfolgt in zwei Schritten. Aus den Aminosäuren Arginin und Glycin wird Guanidinoessigsäure hergestellt. Dies ist die Zwischenstufe, die durch Anbindung einer Methylgruppe aus S-Adenosylmethionin (SAM) zu Kreatin umgesetzt wird (siehe Abbildung 2). Der erste Schritt findet hauptsächlich in den Nieren statt, der zweite Schritt hauptsächlich in der Leber, aber auch in den Nieren, der Bauchspeicheldrüse, den Hoden und bestimmten Hirnregionen. Externe Kreatinquellen sind Fleisch, Fisch und Geflügel, die etwa 3 bis 5 Gramm Kreatin pro Kilogramm enthalten. Der menschliche Körper enthält durchschnittlich 120 Gramm Kreatin. Jeden Tag gehen etwa 1,7 % des Kreatinvorrats in Form von Kreatinin verloren. Um diesen Verlust auszugleichen, werden 1 bis 3 Gramm Kreatin pro Tag benötigt. Die körpereigene Produktion liefert etwa die Hälfte der täglich benötigten Menge. Der Rest muss mit der Nahrung oder über Nahrungsergänzungsmittel aufgenommen werden, um den Tagesbedarf von 1 bis 3 Gramm zu decken. Veganer und auch Vegetarier sind dem Risiko eines Mangels ausgesetzt, da sie wenig oder gar kein Kreatin mit der Nahrung aufnehmen. Milchprodukte und Eier enthalten nur sehr wenig Kreatin. Untersuchungen zeigen, dass Vegetarier niedrigere Kreatinkonzentrationen in den Skelettmuskeln haben als Menschen, die alles essen.(2) Auch Nierenpatienten bilden eine Risikogruppe für einen Kreatinmangel. Die Kreatinsynthese geht zurück; tatsächlich sind die Nieren ein wichtiger Ort für die endogene Kreatinsynthese. Um die Nieren zu schonen, wird Nierenpatienten außerdem oft zu einer pflanzlichen Ernährung geraten. Schließlich geht Kreatin auch bei der Nierendialyse verloren.(3)
Eine Supplementierung mit Kreatin (vorzugsweise in Form von Kreatin-Monohydrat, das die höchste Bioverfügbarkeit aufweist) kann die Kreatinspeicher in den Geweben deutlich auffüllen, was sich positiv auf die Gesundheit auswirkt.(4) Während die Einnahme von 1 Gramm Kreatin noch keinen messbaren Anstieg der Kreatinkonzentration im Plasma bewirkt, kann die Einnahme von 2-3 Gramm Kreatin die Plasmakonzentration so stark erhöhen, dass sich die Aufnahme in die Körperzellen verbessert. Körperzellen nehmen Kreatin über spezifische Kreatin-Transporter auf, spezielle Proteine, die sich in der Zellmembran befinden.
Abbildung 2: Schematische Darstellung des Kreatinstoffwechsels
SAM: S-Adenosylmethionin, SAH: S-Adenosylhomocystein, ATP: Adenosintriphosphat, ADP: Adenosindiphosphat
Kreatin spielt im Energiestoffwechsel der Zelle eine wichtige Rolle. Die Hauptfunktion von Kreatin ist die vorübergehende Speicherung und der Transport von Energie. Adenosintriphosphat oder ATP ist eine energiereiche Verbindung, die für alle Zellen der Hauptenergielieferant ist. Bei der Verbrennung von Glukose in den Mitochondrien wird Energie freigesetzt, die zur Herstellung von ATP verwendet wird. ATP besteht aus Ribose (einem Zucker), Adenin (einer Stickstoffbase) und drei Phosphatgruppen. Die Energie ist in den Bindungen zu den Phosphatgruppen gespeichert. Wenn diese Bindungen getrennt werden, wird die gespeicherte Energie freigesetzt und steht für zelluläre Prozesse zur Verfügung. Wenn eine Phosphatgruppe von ATP abgetrennt wird, entsteht ADP (Adenosindiphosphat). ADP kann erneut eine Phosphatgruppe binden und so zu ATP recycelt werden.
Kreatin fungiert praktisch als Energiereserve, die schnell ATP erzeugen kann, ohne dass dafür Sauerstoff benötigt wird. Kreatin kann eine Phosphatgruppe binden. Dabei entsteht Kreatinphosphat*, der Energiepuffer für die Zelle (siehe Abbildung 2). Kreatinkinase* ist das Enzym, das an der Phosphorylierung* und Dephosphorylierung von Kreatin beteiligt ist. In Situationen, in denen schnelle Energie (ATP) benötigt wird, kann Kreatinphosphat seine Phosphatgruppe auf ADP übertragen und so ADP zu ATP recyceln. Ein hoher Kreatingehalt in energieverbrauchenden Geweben unterstützt deren Funktion.
Der Einsatz von Kreatin im Sport - speziell beim Krafttraining, um die Muskelkraft zu steigern, die Muskelmasse zu erhöhen und die sportliche Leistung zu verbessern, - ist ausführlich dokumentiert. Die wissenschaftliche Forschung liefert zunehmend Erkenntnisse über die Rolle, die Kreatin im Energiestoffwechsel spielt. Es wird immer deutlicher, dass eine optimale Energieversorgung für zahlreiche Körperfunktionen unerlässlich ist. Neben seiner Anwendung im Sport werden auch die Auswirkungen von Kreatin auf andere Bereiche wie Gehirn und Kognition, Sarkopenie, Herz-Kreislauf-System und chronisches Erschöpfungssyndrom immer genauer untersucht.
Mit zunehmendem Alter nimmt die Quantität und Qualität der Muskelmasse ab. Sarkopenie bezeichnet den Verlust von Muskelmasse und -kraft, der häufig mit dem Altern einhergeht. Widerstandstraining ist der effektivste Weg, um Sarkopenie zu bekämpfen. Mehrere Humanstudien zeigen, dass eine Supplementierung mit Kreatin zusätzlich zum Widerstandstraining bei über 55-Jährigen zu einer größeren Zunahme von Muskelmasse und -kraft führt als das Training allein.(5-8) Die Erhaltung von Muskelmasse und Muskelkraft ist wichtig, da sie wesentlich dazu beiträgt, das Sturzrisiko zu verringern und die funktionelle Unabhängigkeit und allgemeine Lebensqualität zu bewahren.
In den wissenschaftlichen Studien reichten die verwendeten Dosen von 3 bis 20 Gramm Kreatin pro Tag und die Dauer der Supplementierung von 2 bis 12 Monaten. Obwohl die meisten Studien eine Kombination aus Kreatin und Widerstandstraining untersuchten, wurden auch einige Studien mit Kreatin allein durchgeführt. Die damit erzielten Ergebnisse waren weniger eindrucksvoll. In der Regel blieb die Muskelkraft gleich und es gab keine Zunahme der fettfreien Masse. Die Dauer der meisten Studien betrug nur eine Woche. Eine Studie dauerte jedoch ein Jahr. Die Erhaltung der Muskelmasse und -kraft über ein Jahr ohne Verschlechterung ist für ältere Menschen sicherlich positiv zu werten.(7)
Kognitive Funktionen
Das Gehirn ist ein sehr stoffwechselaktives Organ, das bis zu 20 % der gesamten Körperenergie verbraucht. Es gibt immer mehr Untersuchungen, die darauf hindeuten, dass Kreatin einen Nutzen für die Gehirnfunktion und die kognitive Leistung haben kann. Die schwerwiegenden Folgen für die Entwicklung von Kindern mit Kreatinmangelsyndrom* machen deutlich, wie wichtig Kreatin für das Gehirn ist. Kreatin wird im Gehirn gebildet und kann (in begrenztem Umfang) über Kreatintransporter in den Endothelzellen, die die Blut-Hirn-Schranke bilden, aus dem Blut ins Gehirn gelangen.(9)
Mit Hilfe der ortsauflösenden Magnetresonanzspektroskopie* (MRS) wurde nachgewiesen, dass gesunde ältere Menschen höhere Kreatin- und Kreatinphosphatwerte im Gehirn haben als jüngere.(10,11) Dieser Befund deutet darauf hin, dass der Energiebedarf bei der Durchführung kognitiver Aufgaben im älteren Gehirn höher ist als im jüngeren Gehirn. Eine Supplementierung mit Kreatin kann die Kreatinmenge im Gehirn um etwa 5-15 % erhöhen.(5,12,13) Diese Erhöhung kann besonders vorteilhaft sein, wenn im Gehirn ein Energiedefizit besteht wie z. B. bei älteren Menschen, starkem Schlafmangel, Depressionen oder traumatischen Hirnverletzungen.
Funktionell gesehen kann eine Erhöhung des Kreatinspiegels im Gehirn zu einer Verringerung der mentalen Müdigkeit führen und das Gedächtnis verbessern.(13,14) Die positiven Auswirkungen einer Kreatin-Supplementierung sind vermutlich auf mehrere Wirkmechanismen zurückzuführen. Unter anderem durch die Stabilisierung der Mitochondrienmembran kann Kreatin dafür sorgen, dass die Mitochondrien besser funktionieren, was die Energieproduktion verbessert.(15) Kreatin schützt außerdem die DNA und RNA in den Mitochondrien vor oxidativen Schäden.(16) Die mitochondriale DNA enthält wichtige Informationen, damit die Mitochondrien einige Proteine unabhängig vom Zellkern synthetisieren können, darunter auch Enzyme, die an der Energieproduktion beteiligt sind. Freie Radikale (reaktive Sauerstoff- und Stickstoffspezies) werden normalerweise als Nebenprodukt des Energiestoffwechsels in den Mitochondrien gebildet. Kreatin kann zusätzlich die Menge an Glutamat in der Synapse* reduzieren, indem es die Glutamat-Wiederaufnahme in die Nervenzelle stimuliert.(17) Glutamat ist der wichtigste exzitatorische (stimulierende) Neurotransmitter im Nervensystem. Überschüssiges Glutamat kann u. a. durch oxidativen Stress, mitochondriale Dysfunktion und Entzündungen zu neuronalen Schäden beitragen.(18)
Die Ergebnisse wissenschaftlicher Studien über die Wirkung einer Kreatinergänzung auf die Gehirnfunktion sind uneinheitlich. Einige Studien zeigen Verbesserungen bei den kognitiven Funktionen, insbesondere bei älteren Menschen und in Stresssituationen, während in anderen Untersuchungen keine Wirkung festgestellt werden konnte. Eine Studie mit gesunden älteren Menschen im Alter von 68 bis 85 Jahren zeigte zum Beispiel Verbesserungen bei Gedächtnistests, nachdem sie eine Woche lang viermal täglich 5 Gramm Kreatin eingenommen hatten.(19) Eine Metaanalyse von 8 klinischen Studien aus dem Jahr 2022 zeigte eine positive Wirkung einer Kreatin-Supplementierung auf das Gedächtnis gesunder Erwachsener, wobei die Dosierungen von 2,2 bis 20 Gramm pro Tag und die Studiendauer von 1 bis 24 Wochen reichten.(20) Eine zweite Metaanalyse berichtete über Verbesserungen des Kurzzeitgedächtnisses und des logischen Denkvermögens.(21) Eine doppelblinde placebokontrollierte Studie untersuchte die Wirkung einer täglichen Einnahme von 5 Gramm Kreatin über einen Zeitraum von 6 Wochen auf die kognitive Leistungsfähigkeit von 45 Vegetariern. Die Kreatin-Gruppe zeigte signifikante Verbesserungen in Intelligenz- und Arbeitsgedächtnistests.(22)
Depressionen
Es gibt Hinweise darauf, dass bei Menschen mit einer Depression eine Veränderung der Kreatinkonzentration im Gehirn und/oder Störungen des Kreatinstoffwechsels vorliegen können.(23) Darüber hinaus zeigte eine US-amerikanische Bevölkerungsstudie einen Zusammenhang zwischen einer niedrigen Kreatinzufuhr und einem erhöhten Risiko für Depressionen.(24)
Einige klinische Studien über die Verwendung von Kreatin zur Behandlung von Depressionen, wenn auch mit einer begrenzten Anzahl von Teilnehmern, zeigten überwiegend positive Ergebnisse.(25,26) In den meisten Fällen wurde die Wirkung von Kreatin als Ergänzung zu regulären Antidepressiva untersucht. Die klinisch relevanten Verbesserungen, die bisher in diesen begrenzten Studien mit Kreatinbeigabe beobachtet wurden, sollten in größeren randomisierten Studien weiter untersucht werden.
Traumatische Hirnverletzungen
Traumatische Hirnverletzungen einschließlich leichter traumatischer Hirnverletzungen (LTH), die oft als Synonym für Gehirnerschütterungen verwendet werden, stellen nicht nur eine gesundheitliche, sondern auch eine sozioökonomische Herausforderung dar. Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass eine LTH zu einer Störung des Hirnstoffwechsels führen kann, wozu auch Veränderungen der Kreatinkonzentration im Hirngewebe gehören.(27) Tierstudien haben gezeigt, dass eine Kreatinergänzung die Schwere der Symptome einer Gehirnerschütterung verringern kann. Außerdem deuten Tierversuche darauf hin, dass zuvor verabreichtes Kreatin bei traumatischen Hirnverletzungen eine schützende Wirkung auf das Gehirn hat.(28,29) In klinischen Studien am Menschen ist die Wirksamkeit einer Kreatin-Supplementierung jedoch noch weitgehend unerforscht. Es gibt nur eine Pilotstudie mit 39 Kindern im Alter von 1 bis 18 Jahren. Die Ergebnisse dieser Studie zeigen positive Auswirkungen von Kreatin (0,4 g/kg), so z. B. eine raschere Erholung von Gedächtnisproblemen, Kopfschmerzen, Schwindelgefühl und Müdigkeit.(30,31) In Dänemark wurde eine Studie begonnen, in der 25- bis 35-Jährige mit anhaltenden Symptomen nach einer Gehirnerschütterung 7 Wochen lang 5 Gramm Kreatin pro Tag oder ein Placebo erhalten. Die Ergebnisse dieser Studie stehen jedoch noch aus.(32) In einer anderen Studie wurden 15 gesunde Erwachsene einer hypoxischen Gasmischung mit 10 % Sauerstoff ausgesetzt, um eine Hirnverletzung zu simulieren. Vor dieser Exposition nahm die Hälfte der Teilnehmer eine Woche lang vier tägliche Dosen von je 5 Gramm Kreatin ein. Die Ergebnisse zeigten, dass eine Kreatin-Supplementierung die Verschlechterung der kognitiven Funktionen aufgrund von Sauerstoffmangel verhindert.(33)
Es gibt Hinweise darauf, dass Störungen des Kreatinstoffwechsels eine Rolle beim chronischen Fatigue-Syndrom (CFS), auch bekannt als myalgische Enzephalomyelitis (ME) oder postvirales Erschöpfungssyndrom, spielen können. Personen mit CFS weisen deutlich niedrigere Serumspiegel der Kreatinkinase* auf als gesunde Menschen. In schweren Fällen von CFS sind die Kreatinkinasewerte sogar noch erheblich niedriger als in leichten bis mittelschweren Fällen.(34,35) Niedrigere Werte dieses Enzyms können auf eine Störung des Energiestoffwechsels hinweisen. Diese Störung kann die anhaltende Müdigkeit und die Post-Exertionelle Malaise* erklären, die oft mit dem CFS assoziiert werden.
Das Aufkommen von Post-Covid hat das Interesse an CFS wiederbelebt. Es wurde festgestellt, dass Personen mit Post-Covid im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung niedrigere Kreatin-Konzentrationen im Gehirn und in den Muskeln aufweisen.(36) Eine kürzlich durchgeführte Interventionsstudie untersuchte die Wirkung einer sechsmonatigen Kreatin-Supplementierung (4 g/Tag) auf die Symptome und Beschwerden. Nach drei Monaten erlebten die Teilnehmer einen signifikanten Rückgang der allgemeinen Müdigkeit. Am Ende der Studie zeigten sich in der Kreatin-Gruppe Verbesserungen bei Symptomen wie Geschmacks- und Geruchsverlust, Atemproblemen, Körperschmerzen, Kopfschmerzen und Konzentrationsproblemen.(37)
Herzmuskelzellen haben einen sehr hohen Energiebedarf. Es ist daher nicht verwunderlich, dass der Herzmuskel eine hohe Konzentration an Kreatin aufweist. Bei Menschen mit chronischer Herzinsuffizienz wurde festgestellt, dass die Kreatinmenge im Herzmuskel durchweg niedrig ist. Dies gilt auch für die Konzentrationen von Kreatinphosphat und Kreatinkinase.(38) Tierversuche haben gezeigt, dass eine niedrige Kreatinkonzentration in den Herzmuskelzellen die Pumpfunktion des Herzens negativ beeinflusst, da die Kraft, mit der sich der Herzmuskel zusammenziehen kann, abnimmt. Dies geschieht nur bei Anstrengung, also wenn der Energiebedarf erhöht ist, und nicht in Ruhe. Studien über die Wirkung von Kreatin bei Menschen mit chronischer Herzinsuffizienz haben jedoch bis heute keine positiven Ergebnisse erbracht.
Dagegen hat Kreatin bei gesunden Menschen möglicherweise positive Auswirkungen auf den Kreislauf. In einer doppelblinden placebokontrollierten Studie mit 16 jungen Männern verbesserte sich die hämodynamische und vaskuläre Reaktion (Reaktion der Blutgefäße auf Veränderungen des Blutflusses), nachdem sie 3 Wochen lang zweimal täglich 5 Gramm Kreatin eingenommen hatten. Außerdem kehrten in der Kreatingruppe die Herzfrequenz und der Blutdruck nach dem Krafttraining signifikant schneller zu den Ruhewerten zurück als in der Placebogruppe. Auch die Pulswellengeschwindigkeit, ein Maß für die Gefäßsteifigkeit, stieg weniger stark an.(39) Eine andere Studie zeigte, dass Kreatin in Kombination mit Krafttraining die Durchblutung in Armen und Beinen fördern kann.(40)
Es gibt Hinweise aus In-vitro- und Tierversuchen, dass Kreatin antioxidative und entzündungshemmende Eigenschaften hat, zu einem gesunden Gleichgewicht der Blutfette beitragen und bei der Verbesserung der mitochondrialen Funktion helfen kann.(41-43) Oxidativer Stress und Entzündungen werden neben mitochondrialer Dysfunktion und erhöhten Homocysteinwerten mit kardiovaskulären Erkrankungen in Verbindung gebracht. In einer relativ kleinen Studie mit 12 Teilnehmern mittleren Alters führte eine vierwöchige Supplementierung mit Kreatin zu einer signifikanten Senkung der Nüchterntriglycerid- und -glukosewerte, nicht aber der Cholesterinwerte.(44) Bei jungen gesunden Männern (n=40), die eine Woche lang täglich 20 Gramm Kreatin zu sich genommen hatten, wurde ein Rückgang des Gesamt- und des LDL-Cholesterinspiegels beobachtet. In dieser Studie wurden keine Auswirkungen auf den Homocysteinspiegel festgestellt.(45) Eine andere Studie an jungen Veganern mit leichter bis mittlerer Hyperhomocysteinämie zeigte, dass eine dreiwöchige tägliche Einnahme von 5 Gramm Kreatin zu einer signifikanten Senkung des Homocysteinspiegels um 39 % führte. Außerdem wurde eine Zunahme der Kapillaren in der Haut und der Durchblutung dieser Gefäße beobachtet.(46) Die Forschungsergebnisse liefern kein einheitliches Bild über die Auswirkungen einer Kreatin-Supplementierung auf das Herz-Kreislauf-System. Daher ist es derzeit nicht möglich, endgültige Schlussfolgerungen über die Auswirkungen von Kreatin auf die kardiovaskuläre Gesundheit zu ziehen. Um diese komplexe Beziehung besser zu verstehen, sind weitere Studien erforderlich.
Bei Menschen mit Typ-2-Diabetes scheint körperliches Training in Kombination mit Kreatin (5 g/Tag) das glykosylierte* Hämoglobin (HbA1c) stärker zu senken als die körperliche Aktivität allein.(47) Der HbA1c-Wert ist ein Maß für den durchschnittlichen Blutzuckerspiegel der letzten 2-3 Monate. Dass körperliche Aktivität für die Regulation des Blutzuckerspiegels förderlich ist, war natürlich hinlänglich bekannt. Eine Supplementierung mit Kreatin scheint diesen Effekt zu verstärken. Eine Senkung des HbA1c-Spiegels war mit einem Anstieg der Expression von AMPK* verbunden, einem Enzym, das im zellulären Energiehaushalt eine zentrale Rolle spielt.(48) AMPK stimuliert die Glukose- und Fettverbrennung und erhöht die Neubildung von Mitochondrien.
Die empfohlene Dosierung von Kreatin (Monohydrat) beträgt 3 bis 6 Gramm pro Tag. In der Welt des Sports wird häufig eine 'Aufladephase' von 5-7 Tagen praktiziert. Während dieser Phase wird eine höhere Dosis von 20 Gramm pro Tag, verteilt auf vier Einnahmezeitpunkte, eingenommen, um die Kreatinreserven in den Muskeln schnell aufzufüllen. Eine niedrigere Dosierung von 3 bis 6 Gramm pro Tag über mindestens 30 Tage kann jedoch ebenso effektiv die Reserven in den Muskeln erhöhen und zu positiven Effekten führen.(49) Höhere Dosen werden vorzugsweise über den Tag verteilt eingenommen, da die Einnahme einer großen Menge auf einen Schlag das Risiko von Magen-Darm-Beschwerden wie z. B. Durchfall leicht erhöht. Bei einem gesunden Erwachsenen wird bei einer täglichen Einnahme von 3 bis 6 Gramm nach 28 Tagen eine Sättigung der Muskelversorgung mit Kreatin erreicht.
Kreatin kann vom Körper am besten in Form von Kreatin-Monohydrat aufgenommen werden. Diese Form ist auch die effektivste, wenn es um die Erhöhung der Kreatinkonzentration im Plasma und im Gewebe geht.(4) Kreatin-Monohydrat kann synthetisch hergestellt werden. Diese Form ist daher auch für Vegetarier und Veganer geeignet. Ein hochwertiges Kreatinprodukt ist rein und enthält >99,9 % Kreatin-Monohydrat. Vor kurzem wurde eine mikronisierte Variante von Kreatin-Monohydrat entwickelt. Dies ist ein noch feiner gemahlenes Pulver mit verbesserter Wasserlöslichkeit und einem noch neutraleren Geschmack.
Studien zeigen, dass die Einnahme von Kreatin sowohl für Erwachsene (Männer und Frauen) als auch für Jugendliche sehr sicher ist.(49,50) Es haben sich auch keine Hinweise darauf ergeben, dass die (langfristige) Einnahme von Kreatin (bis zu einer Dosis von 30 Gramm pro Tag) nachteilige Auswirkungen haben könnte.(5,49,51,52) Berichtet wurden nur leichte gastrointestinale Beschwerden. Es gibt einige Hinweise darauf, dass die Einnahme von Kreatin zu einer kurzfristigen Wasserretention führen kann. Die Aufnahme von Kreatin in die Muskeln führt auch zu einer erhöhten Wassereinlagerung in den Muskelzellen. Dadurch kann es zu einer vorübergehenden Zunahme des Körpergewichts kommen. Längerfristig zeigen jedoch mehrere Studien, dass Kreatin im Verhältnis zur Muskelmasse keine wesentlichen Veränderungen des gesamten Körperwassers (sowohl intra- als auch extrazellulär) verursacht. Infolgedessen kann ein Langzeiteffekt von Wassereinlagerungen durch eine Kreatinergänzung sehr gering sein oder sogar ausbleiben.(49) Es kursieren einige hartnäckige Missverständnisse über die (Un-)Sicherheit von Kreatin, zum Beispiel dass es Nierenschäden verursachen könnte. Dieser Zusammenhang wurde wahrscheinlich hergestellt, weil über den Urin Kreatinin, ein Abbauprodukt von Kreatin, ausgeschieden wird. Gesunde Nieren filtern Kreatinin aus dem Blut. Der Serumkreatininwert ist der am häufigsten verwendete Laborparameter für die Filtrationskapazität der Nieren. Ein erhöhter Kreatininwert kann möglicherweise darauf hinweisen, dass die Nieren nicht optimal funktionieren. Da die (langfristige) Einnahme von Kreatin den Gesamtkreatinspiegel im Körper erhöht, ist es plausibel, dass es nach der Kreatineinnahme zu einem physiologischen Anstieg des Kreatinins im Blut kommen kann, ohne dass die Nieren geschädigt sind. Die Forschung zeigt, dass die Einnahme von Kreatin die Nierenfunktion bei gesunden Menschen nicht beeinträchtigt.(53) Es gibt auch keine Hinweise darauf, dass Kreatin Muskelkrämpfe verursacht.(54) Weiterhin wurde auch kein wissenschaftlicher Beweis für einen Zusammenhang zwischen Kreatin und Haarausfall gefunden. Eine Studie deutete darauf hin, dass Kreatin zu einer gesteigerten Produktion von Dihydrotestosteron (DHT) führen kann, das Haarausfall verursachen kann. Dieser Zusammenhang zwischen DHT und Haarausfall wurde jedoch nur bei Männern mit einer genetischen Prädisposition für Kahlheit festgestellt. Die zitierte Studie, die diesen indirekten Zusammenhang zwischen Kreatin und männlichem Haarausfall zeigt, umfasste nur 20 Männer und hatte eine Dauer von 3 Wochen.(55) In längerfristigen Studien mit Kreatin wurde bisher keine Zunahme des Haarausfalls beobachtet, die auf die Einnahme von Kreatin zurückzuführen wäre.(46) Es gibt auch keine Studien über die Wirkung von Kreatin, die einen direkten Zusammenhang zwischen Kreatin und Akne zeigen. Schließlich gibt es keine Hinweise darauf, dass die (langfristige) Einnahme eines Kreatinpräparats die körpereigene Synthese von Kreatin beeinflussen kann.(51)
ADP: adenosinedifosfaat
AMPK: in voller Länge Adenosine Monophosphate-activated Protein Kinase, ist ein Enzym, das als zentraler Regulator (Hauptschalter) der zellulären Energiehomöostase fungiert. AMPK stimuliert die Glukose- und Fettverbrennung und erhöht die Neubildung von Mitochondrien. Zudem trägt AMPK u. a. auch zur Entzündungshemmung und zur Erhöhung der antioxidativen Kapazität bei.
ATP: adenosinetrifosfaat
Glykosylierung: enzymatischer Prozess, bei dem verschiedene Arten von Zuckern an Proteine oder Fette gebunden werden.
Kreatinkinase: wichtiges Enzym im Energiehaushalt der Zelle. Es katalysiert die Reaktion Kreatin + ATP -> Kreatinphosphat + ADP und umgekehrt. Dieses Enzym wird besonders stark in Geweben exprimiert, die viel Energie verbrauchen wie die Skelettmuskulatur, der Herzmuskel und das Gehirn.
Kreatinmangelsyndrom: angeborene Stoffwechselerkrankung, bei der nicht genügend Kreatin produziert oder zum Gehirn transportiert wird. Es gibt drei verschiedene Ursachen: Guanidinoacetat-Methyltransferase (GAMT)-Mangel, L-Arginin:Glycin-Amidinotransferase (AGAT)-Mangel und Kreatin-Transporter-Mangel. GAMT und AGAT sind Enzyme, die an der Bildung von Kreatin beteiligt sind. Zu den Folgen gehören schwere psychische und entwicklungsbezogene Störungen.
Kreatinphosphat: Kreatin, an das eine energiereiche Phosphatgruppe (P) gebunden ist (phosphorylierte Form von Kreatin). Dieses Molekül dient als schnell mobilisierbare Reserve energiereicher Phosphate in der Skelettmuskulatur, dem Herzmuskel und dem Gehirn zur Bildung von ATP.
Magnetische Resonanzspektroskopie: Technik, die der herkömmlichen MRT ähnelt und in der Lage ist, chemische Verbindungen zu detektieren.
Phosphorylierung: die Verknüpfung einer Phosphatgruppe mit einem Molekül. Bei der Dephosphorylierung wird die Phosphatgruppe dagegen entfernt. Die Enzyme, die diese Reaktionen katalysieren, werden Kinasen genannt. Es gibt verschiedene Kinasen, die verschiedene Moleküle (de)phosphorylieren. Die Kreatinkinase zum Beispiel (de)phosphoryliert speziell Kreatin.
Post-Exertionelle Malaise: Zustandsverschlechterung nach mentaler oder physischer Belastung.
SAH: S-adenosylhomocysteïne
SAM: S-adenosylmethionine
Synapse: Spalt zwischen zwei Neuronen. Wenn das Aktionspotenzial das Ende einer Nervenzelle erreicht, muss das Signal an eine andere Nervenzelle, Muskelzelle oder Drüsenzelle weitergeleitet werden. Dies geschieht auf Ebene der Synapse. Das Neuron, das das Aktionspotential zur Synapse bringt, ist die präsynaptische Zelle, während die Zelle, die die Nachricht empfängt, die postsynaptische Zelle genannt wird.