Lactobacillus rhamnosus (LGG) wirksamster Bakterienstamm bei Antibiotikaeinsatz

05.10.2018

TNO (die niederländische Organisation für angewandte wissenschaftliche Forschung, vergleichbar mit der deutschen Fraunhofer-Gesellschaft) hat zusammen mit Artis Micropia (ein Wissenschaftsmuseum über Mikroorganismen in Amsterdam) einen Leitfaden mit allen Probiotika erstellt, deren Wirksamkeit bei der Reduzierung oder Verhinderung der Nebenwirkung Durchfall nach einer Antibiotikabehandlung klinisch nachgewiesen wurde. Trotz der nachgewiesenen Wirksamkeit von Probiotika fällt es manchen Health Professionals schwer, sich in einer bestimmten Situation für ein Produkt zu entscheiden. Dieser Leitfaden bietet sowohl dem Gesundheitsdienstleister als auch dem Verbraucher eine Orientierungshilfe und zeigt, dass es für eine Reihe von probiotischen Ergänzungsmitteln (hier speziell auf dem niederländischen Markt) eine gute klinische Grundlage für die Verwendung während und nach einer Antibiotikabehandlung gibt.

In einer systematischen Übersichtsarbeit wurde untersucht, welche Probiotika (spezielle Bakterienstämme und Mischungen) bei der Prävention von Antibiotika-assoziierter Diarrhöe wirksam sind. Dabei wurden nur randomisierte doppelblinde placebokontrollierte Studien berücksichtigt, in denen die Antibiotika-assoziierte Diarrhöe klar definiert war und in denen die Verabreichungsdauer der Probiotika mindestens ebenso lang war wie die Antibiotika-Behandlung. Von 128 Studien erfüllten nur 32 diese Kriterien. Die Forscher untersuchten dann alle auf dem niederländischen Markt erhältlichen probiotischen Produkte und verglichen deren Zusammensetzung mit den Ergebnissen aus der systematischen Überprüfungsarbeit. Wenn mindestens drei unabhängige klinische Studien mit einem positiven Effekt bei Antibiotikaeinsatz vorlagen, wurde das Produkt mit drei Sternen ausgezeichnet; mit zwei Sternen für zwei Studien und mit einem Stern für eine klinische Studie.

Der Bakterienstamm Lactobacillus rhamnosus GG (LGG) ist bei einer täglichen Mindestdosis von 2 Milliarden koloniebildenden Einheiten (CFU) hinsichtlich der Vorbeugung von Antibiotika-assoziierter Diarrhöe (AAD) am wirksamsten. Das relative Risiko von Probiotika gegenüber Placebo wurde mit 0,30 (95% CI 0.16-0.5) ermittelt. Somit war das Risiko für AAD mit LGG dreimal geringer. Daneben war auch eine Kombination von LGG mit Lactobacillus acidophilus LA-5 und Bifidobacterium lactis BB-12 sehr wirksam und erhielt zwei Sterne. Die beiden Studien mit dieser Kombination zeigten ein relatives Risiko von nur 0,13 (95% CI 0.04-0.40), wobei nur 3 von 68 Personen Durchfall bekamen, verglichen mit 29 von 65 Personen in der Placebogruppe. Die Forscher, die Professoren Remco Kort und Ger Rijkers, kommen daher zu dem Schluss, dass beim Einsatz von (Breitband-)Antibiotika ein Probiotikum mit mindestens 2 Milliarden CFU LGG gewählt werden sollte. Aber auch die Kombination aus LGG, LA-5 und BB-12 erhielt zwei Sterne (zum Zeitpunkt der Veröffentlichung gab es noch kein Produkt mit der Kombination dieser 3 Stämme, jetzt aber schon). Sie erwähnen weiter, dass Probiotika die Darmmikrobiota vor den störenden Auswirkungen einer Antibiotikabehandlung schützen und die Regeneration fördern.

Es fällt auf, dass ein Produkt mit einem oder drei Bakterienstämmen Formulierungen mit mehr Stämmen überlegen ist. Mehr ist also nicht immer besser. Außerdem zeigt die Untersuchung die unbedingte Notwendigkeit, dass klinische Studien über die in einem Probiotikum verwendete Formulierung vorliegen müssen. Das heißt, Studien mit dem spezifischen Stamm oder der gesamten Mischung und nicht mit einem Stamm aus der Mischung, wobei keine Studien mit den anderen Stämmen in der Mischung durchgeführt wurden. Das liegt daran, dass die Wirkungen von Probiotika stammspezifisch sind und sich die Bakterien in einer Mischung gegenseitig in ihrer Wirkung beeinflussen können. Dies macht eine stammspezifische Verschreibung wichtig, damit die Therapie wirksam ist.

Es ist eine großartige Entwicklung, dass TNO und Artis Micropia diese Untersuchung durchgeführt haben, denn sie bieten eine unabhängige Beratung. Amoxicillin ist mit über 1,2 Millionen Verschreibungen pro Jahr das am häufigsten verschriebene Antibiotikum in den Niederlanden. Zudem verursacht es relativ häufig Durchfall. Der Bedarf an fundierter, angemessener Unterstützung zur Vermeidung von Nebenwirkungen war daher groß. Die Wirksamkeit von Probiotika bei der Verwendung von Antibiotika wird seit langem untersucht, aber es gibt unterschiedliche Meinungen über ihre Einsatzmöglichkeit. Es gibt große Befürworter und Gegner, während andere den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr sehen. Dank der Bemühungen von TNO und Artis Micropia steht nun eine solide Beratungsgrundlage zur Verfügung, die Ärzten und anderen Angehörigen der Gesundheitsberufe die nötige Sicherheit geben kann, Probiotika beim Einsatz von Antibiotika zu empfehlen.

Die vollständige Studie finden Sie unter https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC6091175/. Der Leitfaden wird jährlich überprüft und bei Bedarf angepasst.

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